Kommentar: „Die Freiheit der Andersdenkenden“ – Demokratie ist zuweilen schwer erträglich
Die Versammlung von Rechtsradikalen vor einem Flüchtlingsheim in Heidenau oder der Besuch von NPD-Funktionären in einem „Erstaufnahmelager“ lassen Gedanken an dunkle Zeiten in den Kopf schnellen. Dennoch billigte sogar das BVerfG die Demonstrationen in Heidenau (s. Pressemitteilung sowie unseren Artikel). Wie kann so etwas in unserem Rechtsstaat möglich sein?
Die Versammlungsfreiheit unseres Grundgesetzes ist mit dem BVerfG gesprochen „ein Stück ursprünglich-ungebändigter unmittelbarer Demokratie“ (BVerfGE 69, 315 (347)). Es soll „Schwungrad der Demokratie“ (Hoffmann-Riem) sein, weswegen der Schutzbereich gemeinhin weit verstanden wird. Als Verstärkung des Grundrechts auf Meinungsäußerungsfreiheit kommt eine Einschränkung der Versammlungsfreiheit nur unter engen Voraussetzungen in Betracht. Dass eine Versammlung Bauchschmerzen bei der gesellschaftlichen Mehrheit hervorruft, genügt hierfür aber gerade nicht. Letztlich sind sowohl Meinungs- als auch Versammlungsfreiheit Minderheitengrundrechte und als solche besonders schützenswert. Was passiert, wenn Versammlungen nur der Mehrheitsmeinung entsprechen dürfen, können wir bei Demonstrationen von Homosexuellen in Russland oder bei Kundgebungen gegen das kommunistische Regime in China beobachten. Erinnert sei daran, dass auch in Deutschland Homosexualität lange Zeit als Verstoß gegen das Sittengesetz verboten war (§ 175 StGB a.F., bestätigt durch BVerfG 10.5.1957 – 1 BvR 550/52, BVerfGE 6, 389). Dass der BGH noch 1966 davon sprach, dass „Die Frau genügt ihren ehelichen Pflichten nicht schon damit, dass sie die Beiwohnung teilnahmslos geschehen lässt“, zeigt, dass das, was heute „richtig“ ist“, dies nicht immer war. Wer weiß also, was in ein paar Jahren in Deutschland der Mehrheitsmeinung entspricht: Abkehr von den USA? Austritt aus dem EURO und der EU? Minarettverbot?
Dass der Besuch der NPD-Funktionäre in einem Flüchtlingsheim natürlich eine Provokation und ebenso schwer erträglich wie die Demonstrationen von Ausländerfeinden vor Asylsuchenden ist, liegt auf der Hand. Doch solange dem BVerfG keine stichhaltigen Beweise zur Verfassungsfeindlichkeit und ihrer kämpferischen Haltung vorliegen, ist die Fraktion der NPD (zu Recht!) im Landtag mit allen Abgeordnetenrechte ausgestattet. Auch hier gilt die Kontrollüberlegung: Nicht allein der Widerspruch zur Mehrheitsmeinung begründet ein Verbot oder eine Begrenzung von Rechten, sondern erst eine gerichtlich festgestellte kämpferische Haltung gegen unsere demokratische Grundordnung (vgl. Art. 11 der EMRK bzw. Art. 21 Abs. 2 GG). Solange dies nicht der Fall ist, gilt der viel zitierte Ausspruch Voltaires: Ich missbillige, was du sagst, aber würde bis auf den Tod dein Recht verteidigen, es zu sagen.
Demonstrationen wie die in Heidenau müssen also in unserem Rechtsstaat möglich sein – auch wenn es teils schwer erträglich sein mag. Doch heißt es sich hiermit zufrieden zu geben? Nein! Denn genauso wie rechtsradikalen Chaoten das Recht zur friedlichen Versammlung zusteht, gilt dies auch für empathische, liberale, weltoffene und hilfsbereite Menschen. Machen wir hiervon Gebrauch, ob durch Demonstrationen und Willkommenspartys, Meinungsbekundungen in der Kneipe oder auf Facebook oder durch Spenden an die Ärmsten der Armen. Das Licht der Mitmenschlichkeit überstrahlt die Dunkelheit der ausländerfeindlichen Hetzer.
quatsch… Unterscheiden Sie bitte, wer nach Deutschland als Asylant, oder wie es nun heißt – Flüchtiling, kommt. Die mainstream Medien zeigen ja nur das eine Bild: kranke Alte, verwitwete Frauen mit zwei, drei Kindern… Eine Million dieses Jahr, zwei Millionen nächstes? Ist nur eine rhetorische Frage, die weder Sie noch ich beantworten kann. Es zeigt sich aber zunehmend, dass almählich die „empathische, liberale, weltoffene und hilfsbereite“ Bevölkerung vom Kurs der Frau Merkel nicht viel zusammen haben will.
Enteignungen zugunsten der Flüchtlinge, beschleunigter Asylverfahren oder Erhöhung der Taschengelder für Flüchtlinge (wahrscheinlich zuungunsten derjenigen, die sich eine bessere Bildung oder eine stabilere soziale Lage erwünscht hätten)… ich lasse dies so stehen, damit die Redakteure ein neues rechtliches Thema aufgreifen können.
„Das Licht der Mitmenschlichkeit überstrahlt die Dunkelheit der ausländerfeindlichen Hetzer.“
Etwas viel Pathos, aber ansonsten in der Sache sehr richtig. Wir würden unsere abendländische Wertegemeinschaft aufgeben, würden wir diesen Rechten ihr Recht zur Demonstration zu nehmen. Und das sind die mir echt nicht wert.