Zivilrecht-Klassiker: Jungbullenfall (BGHZ 55, 176, Urt. v. 11.1.1971 – VIII ZR 261/69)
Wir freuen uns über einen weiteren Gastbeitrag von Max Randerath. Max studiert an der Goethe Universität Frankfurt am Main und hat sich die Mühe gemacht, den Zivilrecht-Klassiker „Jungbullenfall“ als Lösung aufzubereiten:
Der Jungbullenfall (VIII ZR 261/69) wurde vom BGH am 11.1.1971 entschieden. Er ist ein absoluter Klassiker und verbindet Problematiken des Sachenrechts mit dem Bereicherungsrecht.
Viele Studenten kennen zwar den „groben Fall“ und „freuen sich“, dem Geschädigten Eigentümer Ansprüche aus §§ 951 und 816 BGB zuzusprechen. Dass diese Ansprüche sorgfältig geprüft werden müssen und andere nicht vergessen werden dürfen, wie insbesondere Ansprüche aus Delikt und angemaßter Eigengeschäftsführung ist nicht zu unterschätzen. Auch dass dort insbesondere auf die Anwendbarkeit des Bereicherungsrecht und Deliktsrecht neben EBV und die Höhe des Wertersatzes eine zentrale Rolle spielen, ist nicht nur in diesem Fall wichtig, sondern im Allgemeinen zum Examensverständnis notwendig. Gelaufen ist der Fall – mit leichter Abwandlung (Ferkel statt Bullen) – gerade erst im September 2010 in NRW im 1. Staatsexamen und auch in der mündlichen Prüfung. Deswegen schadet es nicht den Fall in seiner gesamten Lösung einmal durchdacht zu haben.
Sachverhalt
Dieb D entwendet von Viehzüchter V einen Jungbullen (Wert 2.000 €). D verkauft das Tier an Metzgermeister M für 2.500 €, ohne dass M vom Diebstahl etwas weiß. Die 2.500 € verspielt der D im Casino. Er verarbeitet das Tier zu Fleisch im Wert von 3.300 €. V bekommt Wind von der Sache und will D und M in Anspruch nehmen. M lehnt Ansprüche unter anderem mit dem Argument ab, er habe ja schließlich schon 2.500 € bezahlt.
Aufgabe: Ansprüche des V gegen D und M
Lösung
Teil 1 : Ansprüche des Viehzüchters (V) gegen Metzgermeister (M)
A. Schadensersatz aus angemaßter Eigengeschäftsführung §§ 687 II 1, 678 (-)
Zwar ist die Schlachtung und Verarbeitung des Bullen für M ein objektiv fremdes Geschäft, eine angemaßte Eigengeschäftsführung scheidet jedoch aus, weil M keine positive Kenntnis von der Fremdheit hatte.
B. Schadensersatz aus EBV §§ 989, 990 BGB (-)
Im Zeitpunkt der Verletzungshandlung (Schlachtung und Verarbeitung) müsste eine Vindikationslage bestanden haben.
a) V ist im Zeitpunkt der Schlachtung noch Eigentümer gewesen, da der M nicht von D gutgläubig nach §§ 929 S.1, 932 BGB erwerben konnte, weil die Sache dem V abhanden gekommen ist § 935 BGB.
b) M war Besitzer
c) Dem M stand auch kein Recht zum Besitz zu.
d) Jedoch liegt keine Rechtshängigkeit nach §§ 989 BGB, 253, 261 ZPO vor und M war beim Besitzerwerb nicht bösgläubig, sodass ein Anspruch aus §§ 989,990 BGB ausscheidet.
C. Schadensersatzanspruch aus Delikt § 823 I BGB (-)
Fraglich ist, ob § 823 I BGB hier überhaupt anwendbar ist. Zweck der §§ 987 ff. BGB ist die Privilegierung des gutgläubigen unrechtmäßigen Besitzers. Die §§ 987ff. BGB sollen deswegen nach § 993 I 2.HS BGB grundsätzlich abschließend Schadensersatz- und Nutzungsersatzansprüche regeln. Die Anwendung des Deliktrechts ist deswegen grundsätzlich ausgeschlossen. Wäre dies nicht der Fall, würde sich der gutgläubige Besitzer bereits bei fahrlässiger Eigentumsverletzung nach § 823 I BGB strafbar machen können, was mit dem Zweck den gutgläubigen Besitzer zu schützen unvereinbar wäre.
D. Wertersatzanspruch aus §§ 951 I 1 i.V.m 812 I 1 Alt.2 BGB in Höhe von 2.000 € (+)
I. Anwendbarkeit
Eine Anwendbarkeit könnte auch hier wegen § 993 I 2.HS BGB ausgeschlossen sein. § 951 BGB jedoch ist kein Schadensersatz-, sondern Wertersatzanspruch. Bei dem Verbrauch der Sachsubstanz durch Schlachtung handelt es sich auch nicht um eine Nutzung im Sinne des § 100 BGB.
II. Voraussetzungen des § 951 I 1 BGB
Damit die Voraussetzungen des § 951 I 1 BGB erfüllt sind, muss es zu einem Rechtsverlust nach §§ 946-950 BGB gekommen sein. In Betracht kommt hier nach § 950 BGB die Verarbeitung.
a) Herstellung einer neuen beweglichen Sache: Bulle zu Fleisch
b) M als Hersteller: Nach Verkehrsauffassung ist dies der Unternehmer, auch wenn Verarbeitung durch Angestellte vorgenommen wurde
c) Wert der Verarbeitung darf nicht erheblich geringer sein als Wert des Stoffes
Hier: Wert der Verarbeitung = Wert neuer Sache 3.300 € – Wert Stoffe 2000 €, also 1.300 €, also 65% des Stoffwertes
Die Rechtsprechung zieht eine Grenze bei 60% des Stoffwertes, sodass hier die Voraussetzungen vorliegen
III. Voraussetzungen des § 812 I 1 Alt.2 BGB
Nach der herrschenden Meinung handelt es sich bei § 951 I 1 BGB um eine Rechtsgrundverweisung, sodass alle Voraussetzungen des § 812 I 1 Alt.2 BGB erfüllt sein müssen.
1. M müsste etwas erlangt haben: Eigentum und Besitz an Wurst
2. In sonstiger Weise erlangt
M müsste Eigentum und Besitz in sonstiger Weise, also nicht durch Leistung erlangt haben. Möglicherweise greift hier aber der Vorrang der Leistungskondiktion. Wer durch die Leistung eines anderen etwas erlangt, ist gegenüber Dritten nicht bereicherungsrechtlich verpflichtet. Es soll im jeweiligen Leistungsverhältnis rückabgewickelt werden, denn jeder soll nur mit dem zu tun haben, den er sich als Partner schuldrechtlich aussucht.
M hat hier zwar den Besitz durch Leistung des D erlangt. Das Eigentum jedoch konnte er wegen § 935 BGB nicht von D, sondern erst selber durch Verarbeitung § 950 BGB erlangen.
Bereicherungsgegenstand der Eingriffskondiktion (Eigentum) und der Leistung (Besitz) sind also verschieden. Der Vorrang der Leistungskondiktion gilt aber nur, wenn derselbe Bereicherungsgegenstand auch geleistet wurde. Die Eingriffskondiktion ist also möglich.
M hat demnach in sonstiger Weise erlangt.
3. Auf Kosten des V: Eingriff in Zuweisungsgehalt des V (Eigentum)
4. Ohne Rechtsgrund: Der Kaufvertrag mit D wirkt nur inter partes (Relativität der Schuldverhältnisse)
IV. Rechtsfolge § 818
Nach § 818 II BGB ist der objektive Wert zu ersetzen (2.000 Euro).
Fraglich ist, ob sich M nach § 818 III BGB auf Entreicherung wegen Kaufpreiszahlung an D berufen kann. Dies wird jedoch verneint, da § 951 I 1 BGB Rechtsfortwirkungsanspruch von § 985 BGB ist. Nach diesem könnte die abhanden gekommene Sache herausverlangt werden, der Kaufpreis würde jedoch unberücksichtigt bleiben. Das Gleiche muss bei § 951 I 1 BGB gelten.
Dass der Kaufpreis von M bezahlt wurde, bleibt hier zwar unbeachtlich. M kann jedoch von D den Kaufpreis nach §§ 346 I, 326 I, 326 IV, 437 Nr.2 BGB aufgrund rechtlicher Unmöglichkeit durch mangelnde Eigentumsverschaffung zurückverlangen. Er hat also nicht „umsonst“ bezahlt.
Teil 2 : Ansprüche des V gegen D
Prüfungsreihenfolge: Geprüft werden hier zunächst die Ansprüche auf Veräußerungserlös vor den Schadensersatzansprüchen. Grund dafür ist, dass der Veräußerungserlös in der Höhe 2.500 € beträgt, da D den Bullen „über dem objektiven Wert“ verkauft. Die Schadensersatzansprüche erfassen lediglich den objektiven Wert (s.u) von 2.000 €. Eine andere Reihenfolge ist aber auch möglich.
A. Anspruch auf Herausgabe des Veräußerungserlös wegen angemaßter Eigengeschäftsführung §§ 687 II 1, 681 S.2, 667 BGB in Höhe von 2.500 € (+)
1. Anwendbarkeit: Es geht hier um Veräußerungserlös und nicht um Schadens- oder Nutzungsersatz, sodass eine Anwendungssperre wegen § 993 I HS.2 nicht vorliegt.
2. Objektiv fremdes Geschäft des D : Veräußerung an M
3. Kenntnis von Fremdheit : D wusste, dass er zu der Veräußerung nicht berechtigt war
4. RF : Herausgabe des Veräußerungserlös §§ 681 S.2, 667: 2.500 €
B. Anspruch auf Herausgabe des Veräußerungserlös § 816 (+) 2.500
1. Anwendbarkeit : Auch hier greift die Anwendungssperre des § 993 I Hs.2 BGB nicht, da § 816 BGB nicht auf Schadens- oder Nutzungsersatz, sondern auf Veräußerungserlös gerichtet ist
2. Verfügung des D als Nichtberechtigter
3. Verfügung muss wirksam gegenüber Berechtigten V sein
Die Verfügung des D müsste gegenüber dem V wirksam gewesen sein. Wegen § 935 BGB kam es hier jedoch zu keiner wirksame Übereignung.
Möglicherweise liegt hier aber eine Genehmigung des V nach § 185 II 1 Alt.1, 184 BGB vor. Im Herausgabeverlangen kann eine solche gesehen werden.
Dies könnte aber zum Verlust anderer Ansprüche des V gegen M führen, sodass er auf die Solvenz des D angewiesen ist.
Durch die Genehmigung würde D zum Berechtigten und M würde vom Berechtigten D Eigentum erlangt und nicht erst durch Verarbeitung. Ein Anspruch aus § 951 BGB würde entfallen.
Außerdem könnte eine Genehmigung gar nicht möglich sein, da V bereits Eigentum durch die Verarbeitung des M verloren hat.
Nach herrschender Meinung überlebt die Genehmigungsmöglichkeit jedoch das Eigentum, da es Sinn und Zweck des § 816 I BGB ist, das auch der früher Berechtigte Erlös verlangen kann.
Dadurch würde jedoch die Verfügung D an M wirksam werden und der Anspruch aus § 951 BGB würde wegfallen, da M bereits zuvor Eigentum erlangt hat.
Deswegen sollte V nur Zug-um Zug gegen Bezahlung genehmigen, da er sonst das Risiko trägt, dass D nicht solvent ist. Zahlt er nicht, kann er immer noch vom solventen M Ersatz nach § 951 I BGB verlangen.
4. Umfang der Bereicherung § 818
Fraglich ist, was unter dem „Erlangten“ zu verstehen ist. Entweder versteht man darunter die 2.500 €, also den Kaufpreis oder man versteht darunter das Freiwerden von der Leistungsverpflichtung, also den objektiven Wert der Sache, also 2.000 €. Dafür wird argumentiert, dass der Mehrerlös nicht auf Eingriff in das Eigentumsrecht des V, sondern auf Geschäftstüchtigkeit des D beruht.
Überzeugender ist jedoch die andere Ansicht, die auf den Kaufpreis abstellt. Grund dafür ist, dass das Gesetz selbst auf den Vertrag und damit auf den Kaufpreis abstellt. Außerdem führt erst der Eingriff in das Eigentum des V zu der Gewinnerzielungsmöglichkeit des D. Das Gesetz sollte keine falschen Anreize setzten, indem es hier den deliktischen Besitzer belohnen würde, indem D die erwirtschafteten 500 € behalten darf.
5. Keine Entreicherung § 818 III
Auf Entreicherung kann sich der D als bösgläubiger Besitzer schon wegen der verschärften Haftung nach §§ 819 I, 818 IV BGB nicht berufen.
C. Schadensersatz aus angemaßter Eigengeschäftsführung §§ 687 II 1, 678 BGB in Höhe von 2.000 €
1. Angemaßte Eigengeschäftsführung des D § 687 II 1 BGB
a) Objektive Fremdes Geschäft des D : Veräußerung des Bullen
b) D wusste von Fremdheit da fehlende Berechtigung
2. Voraussetzungen § 687 BGB
a) Übernahme der Geschäftsführung widerspricht den Willen des Geschäftsherrn
b) Übernahmeverschulden des D: D müsste den entgegenstehenden Willen des V erkannt haben oder erkennen müssen §§ 122 II, 276 I,II BGB. Maßstab ist dabei das objektives Interesse. D wusste das V nicht mit der Veräußerung einverstanden war.
c) Schaden des V: 2.000 €
3. Rechtsfolge : § 249 I BGB Naturalrestitution
Unter der Naturalrestitution versteht man die Beschaffung gleichartiger oder gleichwertiger Sachen. Eine Ersetzungsbefugnis nach § 249 II (Geldersatz)BGB besteht nicht, da diese nur bei Beschädigung einer Sache, nicht bei völliger Zerstörung einschlägig ist.
Schadensersatz in Geld kann aber nach § 250 BGB verlangt werden. Der Umfang richtet sich nach dem Widererschaffungswert (2000 €)
D. Schadensersatz aus EBV §§ 989,990 (+) in Höhe von 2.000 € (+)
1. Vindikationslage zur Zeit der Verletzung = Veräußerung D an M
a) Eigentümer V + Besitzer D
b) D hatte kein Recht zum Besitz
2. Voraussetzungen §§ 989, 990
a) Bösgläubigkeit bezüglich Besitzrecht des D
b) Verschulden §§ 989, 276 I : vorsätzliche Weggabe an M
c) Schaden : 2.000 €
E. Schadensersatz des früheren Besitzers §§ 1007 I, III 2, 989, 990 BGB
Voraussetzungen § 1007 I BGB
a) Vor der Veräußerung des Bullen D an M war V rechtmäßiger Besitzer
b) D ist gegenwärtiger Besitzer und bei Besitzerwerb war er bösgläubig
c) Schuldner : Nur gegenwärtige Besitzer > Nicht mehr D
d) Aber : Ersatzpflicht gegen alten Besitzer §§ 1007 III 2, 987ff. > Jedoch erfasst dieser nicht das Eigentümerinteresse, sondern nur das Besitzerinteresse wie etwa das Nutzungsinteresse: Keine Angaben im Sachverhalt
F. Schadensersatzanspruch aus Delikt §§ 992, 823 I + §§ 992, 823 II i.V.m § 242 StGB + §§ 992, 823 II i.V.m § 858 + 826 BGB in Höhe von 2.000 €
§ 992 BGB erklärt ausdrücklich das Deliktrecht für anwendbar, sofern der Besitzer ein deliktischer Besitzer ist. Das ist der Fall, wenn D den Besitz durch verbotene Eigenmacht oder eine Straftat erlangt hat. Die Voraussetzungen des § 858 I BGB und des § 242 StGB (Diebstahl) sind erfüllt. Außerdem ist § 858 I BGB Schutzgesetz im Sinne des § 823 II BGB. Die Voraussetzungen der Delikttatbestände sind alle gegeben.
Jungbullenfall
warum wird beim fehlenden rechtsgrund auf den kaufvertrag mit dem dieb abgestellt? der bgh selbst hat hier allein auf das verfügungsgeschäft (um das es in der zugrundeliegenden entscheidung ging) abgestellt.
Wieso wird bei den Ansprüchen auf SE gegen den D zuerst und überhaupt die angemaßte GOA geprüft? Auf „Anwendbarkeit“ wird gar nicht eingegangen. Dabei ist die GOA doch verdrängt, wenn EBV vorliegt, was ja unmittelbar danach beim SE 989, 990 bejaht wird.
Bitte um Antwort, danke.
Es ist falsch, dass bei B.) §§ 989, 990 beim Punkt „Vindikationslage“ nicht geprüft wird, ob Der Verarbeiter nach § 950 Eigentum erlangt hat, dann läge nänlich gerade KEINE Vindikationslage vor.
So ist es. Beim Eigentum müsste § 950 geprüft werden, was einschlägig wäre. Eine Vindikationslage läge damit gerade nicht vor, genau wie Gast sagt.
Für den Schadensersatz gem. §§ 990,989 kann man dann an den Zeitpunkt vor der Schlachtung anknüpfen zu dem V noch Eigentümer war. Vor der Schlachtung lag eine Vindikationslage damit vor. Indes macht das i.E. keinen Unterschied, da es eben an Rechtshängigkeit bzw. Bösgläubigkeit des M fehlt, was auch aus dem Gutachten hervorgeht.
Hey Me, ich würde sagen, dass SchEA aus angemaßter GoA und auch sonst nicht gem. § 993 a.E. gesperrt werden, da diese Sperre nur dem gutgläubigen unrechtmäßigen Besitzer privilegieren soll. D ist als Dieb allerdings nicht davon erfasst, so dass ganz normal SchEA im Raum stehen.
Durch die Genehmigung i. R. d. § 816 I BGB wird nach der h. M. der D nicht zum Berechtigten. Die Genehmigung bezieht sich auf die Rechtsfolge, das heißt die Verfügung die gegenüber V gem. § 935 BGB nicht wirksam wäre, wird durch die Genehmigung wirksam. V möchte ja nicht, dass der D Berechtigter wird, da ansonsten der Tatbestand des § 816 I BGB und somit der Ersatzanspruch entfallen würde.
„1. Anwendbarkeit: Es geht hier um Veräußerungserlös und nicht um
Schadens- oder Nutzungsersatz, sodass eine Anwendungssperre wegen § 993 I
HS.2 nicht vorliegt.“ bzgl Anwendbarkeit
Also was mir nur so am Rande aufgefallen ist, wenn der Verkäufer kein Eigentum verschaffen kann, weil er kein Eigntümer ist, ist dies nach h. M kein Rechtsmangel (so nur im UN-Kaufrecht), es fehlt an der Leistung der Kaufsache (siehe Wortlaut des § 433 BGB)
kann mir jemand sagen, warum man keine Herausgabe prüft?!
Lies den § 951 I nochmal. Woher sollte denn ein Herausgabeanspruch kommen?
§ 985 scheidet aus, da M gem. § 950 I Eigentümer am Fleisch wurde.
§ 812 I 1 Alt. 2, als Eingriffskondiktion? Klar, M hat Eigentum am Fleisch erlangt, dies auch in sonstiger Weise (weil nicht auf der Leistung des D beruhend und die Verarbeitung kein Rechtsgrund ist) und auf Kosten des V, denn durch die Verarbeitung hat M in den Zuweisungsgehalt eines fremden Rechtes (das Eigentum des V am Bullen) eingegriffen. Genau für diese Situation ordnet § 951 I aber als Rechtsfortwirkungsanspruch nunmal an, dass nur „Vergütung in Geld“ gefordert werden kann. Nicht dagegen die Wiederherstellung des früheren Zustands, vgl. Satz 2. Das ist einfach eine Wertung des Gesetzgebers, der den gesetzlichen Eigentumserwerb stärken wollte.
D begeht durch den Diebstahl eine zum Schadensersatz verpflichtende unerlaubte Handlung. Ersatzpflichtig ist danach grds. der objektive Wert.
Wie sich dieser berechnet ist, meine ich, teils umstr. U.U. kann ihm ein im Markt erzielbarer Preis entsprechen. Insofern könnte vorliegend problematisch sein, inwieweit der objektive Wert und der hier im Markt erzielte Verkaufspreis auseinanderfallen können.
Bei der Weiterveräußerung war D bösgläubig, so dass keine EBV-Sperrwirkung ihm gegenüber anzunehmen scheint.
Der Verkauf an M könnte ein bereicherungsrechtliches Mehrpersonenverhältnis zwischen V-D-M mit Leistungsbeziehungen begründet haben. Ein solches bereicherunsrechtliches Mehrpersonenverhältnis soll nach der Rspr. eine schematische Betrachtung sperren und nach Wertungsgesichtspunkten zu behandeln sein. V hat sich weder M, noch V ausgesucht. Jedoch scheint M am Untergang der Sache unmittelbar am nächsten dran, so dass eine Rückabwicklung zwischen V und M und zwischen M und D wertungsmäßig vertretbar schiene.
Rückabwicklung Könnte gem. § 951 BGB Wertersatz bedeuten. Wertersatz könnte einen Schaden mindern.
GoA-Ansprüche könnten als unechte Geschäftsführung gem. § 687 BGB noch problematisch sein.
Eine EBV-Sperrwirkung gegenüber M könnte wegen § 950 BGB fraglich sein, wie aaO. schon angeführt. Eine Sperrwirkung scheint grds. allerdings ebenso Bereicherungsrecht mit umfassen zu können. Belege für das Gegenteil fehlen.
Zudem fehlen Belege dafür, dass ein Verkauf und Verarbeitung keine Nutzung sein können soll (mir wurde eine solche Aussage in einer Klausur mal als Fehler bemängelt).
Eine Einschlägigkei von § 1007 BGB erscheint nur schwer einsichtig.
bei „strafbar gem. § 823I“ verlor ich meinen glauben an den artikel
Im Hinblick auf Ersatz gegenüber V könnten D und M evtl. grds. Gesamtschuldner (§ 421 BGB) sein.
Könnte M gegenüber V den Untergang von Ansprüchen gegen D geltend machen, könnte eine gestörte Gesamtschuld vorliegen. In diesem Falle könnte er u.U. den Einwand ebenso gegenüber V geltend machen.
Allerdings könnte schon § 426 I S. 2 BGB als Spezialregelung den Einwand von M gegenüber V ausschließen, so dass V Ansprüche gegen M geltend machen könnte.
gestörte GS? nein, absurd.
Ok, bin da kein Experte. Dachte nur:
Durch den Untergang des Jungbullen erleidet V einen Schaden.
Für diesen können grds. M und D – als Gesamtschuldner – einzustehen, bzw. zu „haften“ haben (M nach § 951 BGB etc.).
Für M kann hierbei gegenüber V eine Art „Haftungsprivilegierung“ wegen Entreicherung in Betracht kommen.
Scheint mir eine jedenfalls ähnliche Konstellation wie bei einer gestörten Gesamtschuld zu sein.
Lasse mich da gerne allerdings auch belehren und will mich nicht darauf versteifen.
Die eigentliche Aussage sollte vielmehr sein, dass M und D Gesamtschuldner gegenüber M sein könnten, und dass einem Entreicherungseinwand von M gegen D damit schon § 426 I S. 2 BGB entgegenstehen könnte.
Schiene das ebenfalls absurd? (Wenn ja, wäre ich für nähere Hinweise dankbar).
Ja. Selbst wenn man hier annimmt, dass M sich auf Entreicherung berufen kann, hat das nichts mit der gestörten Gesamtschuld zu tun. Das ist nämlich eine Frage der Rechtsfolge der Haftung, die gestörte Gesamtschuld betrifft dagegen schon das Vorliegen des Tatbestands einer Haftungsnorm.
I.Ü. liegt dann ja gerade keine gestörte Gesamtschuld vor, da M nicht haftet (Entreicherung) und daher schon nichts schuldet.
Außerdem betrifft § 426 I 2 das Innenverhältnis der Gesamtschulnder, nicht das Außenverhältnis zum Gläubiger.
Ja, das scheint alles nicht unproblematisch akademisch. Aber:
aus § 426 I 2 BGB ergibt sich – für mich – doch, dass überhaupt jemand im Außenverhältnis haften muss, sonst kann es ja kein Innenverhältnis geben. D.h. dass ein Einwand aus dem Innenverhältnis, wie etwa das Verschwinden eines Gesamtschuldners, nicht grds. voll auf eine Haftung im Außenverhältnis etwa durch einen Entreicherungseinwand durchschlagen kann ?
Daraus folgt u.U., dass hier eben mangels Haftungsprivelegierung aufgrund Entreicherungseinwandes keine gestörte Gesamtschuld vorliegen kann.
Andernfalls könnte man eine Ähnlichkeit zu einer solchen aufgrund einer Haftungsprivelegierung evtl. schon erahnen.
(Meine, ohne detailiertere diesbzgl. Kenntnisse, bei einer gestörten Gesamtschuld war mal mit andiskutiert, inwieweit diese sich auf die Haftungsprivelegierung auswirken kann).
V und M könnten weiterhin Gesamtgläubiger (§ 428 BGB) gegenüber D im Hinblick auf den Kaufpreis sein.
Danach könnte grds. ein hälftiger Ausgleichsanspruch der Gesamtgläubiger untereinander gem. § 430 BGB bestehen. Wie ich meine, gelesen zu haben, soll ein solcher Ausgleichsanspruch auch bei Ausfall des Schuldners bestehen können?
Danach könnte ein hälftiger Gegen-Ausgleichsanspruch von M gegen V evtl. nur ausscheiden und V damit einen vollen Zahlungsanspruch gegen M aufgrund einer Einwendung aus § 426 I 2 BGB haben.
Man könnte evtl. argumentieren, dass § 426 I 2 BGb eine volle Haftung der verbleibenden Gesamtschuldner im Innenverhältnis bei Ausfall eines Gesamtgläubigers anordnet, und dass eben eine volle (Innen-)Haftung nur bei voller Außenhaftung möglich schiene?
WER TIERE TÖTET HAT DAS VERDIENT!!1
PRO VEGAN
(PS: ICH BIN VEGANER)
Mal eine Frage zum besseren Verständnis zu §951 I, 812 I 1 2. Alt BGB. Bei Verwendungen geht es um Ansprüche des Besitzers gegen den Eigentümer, welche trotz weiten Verwendungsbegriff von der abschließenden Sonderregelung in §§994,996 BGB gesperrt sind. Andererseits kann sich auch der Eigentümer auf §951 BGB i.v.m BereichR berufen, um Wertersatz zu fordern. Was bekannterweise gerade nicht von §991 I aE BGB erfasst ist? §951 BGB statuiert also einen Anspruch für den Eigentümer, als auch für den Besitzer, korrekt?
„M kann jedoch von D den Kaufpreis nach §§ 346 I, 326 I, 326 IV, 437 Nr.2 BGB aufgrund rechtlicher Unmöglichkeit durch mangelnde Eigentumsverschaffung zurückverlangen. Er hat also nicht „umsonst“ bezahlt.“
=> Wohl eher § 311a II BGB, da das Leistungshindernis bereits bei Vertragsschluss bestand oder?