How to Referendariat: Der etwas andere Guide zum Praxisexamen
Das Referendariat. Für die einen Qual, für die anderen Freude – für die allermeisten spätestens mit Beginn der Lernphase für die schriftlichen Prüfungen viel Arbeit. Doch wie kann man die Zeit bestmöglich nutzen? Diese Frage habe ich mir zu Beginn des Referendariat gestellt und nun nach Abschluss des Examens noch einmal. Und habe festgestellt, was gut und was schlecht gelaufen ist. Hieran möchte ich euch teilhaben lassen und im Folgenden in der Chronologie der Stationen Hinweise und Tipps geben. Falls ihr den Ablauf en detail nachlesen möchtet, werdet ihr in unserem Grundlagenbeitrag fündig. Hinweise für die Examensvorbereitung werde ich zeitnah gesondert nachreichen.
I. Wann gehe ich ins Referendariat?
Schon mit dieser Frage werdet ihr die ersten Weichen stellen. Manche melden sich direkt nach Abschluss des Ersten Staatsexamens an, andere lassen erst einmal einige Monate die Seele in der Südsee baumeln, wieder andere schreiben zunächst eine Doktorarbeit. An dieser Stelle kann man nur eines falsch machen: Sich ohne Gedanken zu machen einfach für das Referendariat anzumelden! Es gibt keine Zeit in eurer Ausbildung (und erst recht nicht im Arbeitsleben), in der ihr derart entspannt überlegen könnt, was ihr in den nächsten Jahren unbedingt einmal machen möchtet. Falls ihr möglichst schnell „fertig“ sein wollt – auf ins Referendariat! Wenn ihr aber lieber noch etwas von der Welt sehen möchtet, nutzt die Zeit nach dem Ersten Staatsexamen. Es gibt wenig traurigeres als mit 25 Jahren Volljurist zu sein und arbeiten zu müssen, wenn man das noch gar nicht möchte – die verbleibende Zeit bis zum Renteneintritt ist doch noch arg lang. Jedenfalls muss die je nach OLG-Bezirk mal längere, mal kürzere Anmeldezeit bedacht werden. Teilweise kann diese bis zu acht Monaten betragen, etwa beim OLG Köln oder Düsseldorf.
Zudem solltet ihr euch schon mit der Anmeldung Gedanken darüber machen, wie ihr die Zeit im Referendariat nutzen möchtet. Der große Vorteil ist, dass man einen beachtlichen Gestaltungsspielraum bei der Wahl der Stationen hat. Sucht euch ein Rechtsgebiet und eine passende Kanzlei und bereitet euren Berufseinstieg vor. Verbringt Stationen im Ausland, um mal aus dem gewohnten Trott herauszukommen. Oder, oder, oder. Wichtig ist euer Mindsetting: Arbeitsvermeidung ist schön und gut, aber mit dieser Einstellung werden es zwei lange und vor allem langweilige Jahre.
Quintessenz: Trefft eine bewusste Entscheidung!
II. Wo gehe ich ins Referendariat?
Auch diese Frage kann bestimmen, wie viel Freude ihr in den folgenden zwei Jahren haben werdet. Auch hier solltet ihr euch bewusst machen, dass ihr mit dem Referendariat die Chance erhaltet, einen neuen Ort kennenzulernen. Sprich: Neue Bars, neue Kinos, neue Straßen. Wer in einem kleineren Ort studiert hat, wird die Herausforderung einer Großstadt annehmen wollen. Andere möchten das altbekannte behalten – auch in Ordnung. Zudem mag unser Guide euch helfen, den zu euch passenden Ort fürs Referendariat zu finden.
Aber auch in örtlicher Hinsicht gilt: Trefft eine bewusste Entscheidung.
III. Der Start ins Referendariat
Habt ihr euch erstmal entschieden, wann und wo ihr starten möchtet, beginnt alles mit dem Einführungstag. Ein Protokoll hierzu findet ihr auf unserer Seite („mein erster Tag als Referendar“).
Bevor ihr erstmals „euren“ Richter seht, müsst ihr durch den Einführungslehrgang. Dieser soll die absoluten Basics vermitteln, etwa wie ein Rubrum zu fertigen ist, was ein Tatbestand ist und wie man die vorläufige Vollstreckbarkeit tenoriert. Alles eher langweilig, alles eher wenig erklärungsbedürftig. Nutzt die Zeit also mehr, um die Leute in eurer AG besser kennenzulernen. Dass in einer Gruppe von 20 oder mehr Menschen „für jeden was dabei ist“, dürfte klar sein. So gab es auch in meiner AG eine Vielzahl an Charakteren, glücklicherweise keine richtig unangenehmen.
Welche Hinweise kann man für den weiteren Verlauf geben? Klar ist, dass die Anfangszeit aufregend ist: Erstmal arbeitet ihr an einem Gericht, schlagt dort also öfter für AGs auf. Vermeiden würde ich ein Stürzen in Lehrbücher, Skripte usw. Die absoluten Basics bekommt ihr in der AG ohnehin mit, alles andere kann bis zur Examensvorbereitung warten. Ich würde allein den berühtem Anders/Gehle parallel zur AG nachbereiten – das reicht vollkommen aus. Zudem würde ich auch Karteikartenallergikern – wie ich selbst einer bin – empfehlen, von Beginn an solche anzufertigen. Es begegnen einem so viele kleinere „Probleme“, über die man zuvor nicht nachgedacht hatte und die man ansonsten schnell wieder vergisst. Diese Fragen sind dann etwa zur Vorbereitung der mündlichen Prüfung wertvoll.
Quintessenz: Socialisen statt Lernen!
IV. Die Zivilstation
Nachdem ihr den Einführungslehrgang überstanden habt, werdet ihr einem Gericht und dort einem Spruchkörper/Richter zugeteilt. Falls ihr mit mindestens „vollbefriedigend“ im Ersten Examen abgeschnitten habt, lauft ihr Gefahr einer Handelskammer zugeteilt zu werden – das kann Spaß machen, bedeutet aber in jedem Fall viel Arbeit. Wer eher weniger zu tun haben möchte und näher an den Klausuren im Examen arbeiten will, sollte sich einem Amtsrichter zuteilen lassen. So habe ich mir eine nette Amtsrichterin, die ausschließlich Verkehrssachen verhandelt, ausgesucht – eine sehr gute Entscheidung! Ansonsten kann aber auch das Glück entscheiden lassen, was bei einigen Kollegen gut funktionierte, bei einigen aber auch weniger gut. Geschmackssache!
Quintessenz: Handelskammer vermeiden!
V. Die Staatsanwaltschaft
Schlag auf Schlag geht es weiter mit der Station bei der Staatsanwaltschaft. Dies war für mich eine der spannendsten und zugleich die furchtbarste Station in einem! Der Auftritt als Sitzungsvertreter war für mich ein echtes Highlight. Zum ersten Mal fühlte ich mich auf dem Weg zu einem „echten Juristen“, zum ersten Mal wendete man das Gelernte in der Praxis an. Wer gerne seinen Standpunkt vertritt, wird hier seine Freude haben. Zudem erkennt man, was das staatliche Gewaltmonopol in praxi bedeutet. Nicht selten müssen Referendare
Demgegenüber war die Arbeit bei meiner – durch Los zugeteilten (!) – Staatsanwältin eher fad. Meine Ausbilderin war zwar sehr nett und aufgeschlossen, doch konnte ich mich nicht so wirklich für die Betäubungsmittelkriminalität im Großraum Köln begeistern. Highlights waren so vorwiegend die Namen der Kneipen, in denen gedealt wird – Bunga Bunga lässt grüßen! Juristisch ist das aber nicht mein Fall. Einige Kollegen haben sich auch hier einer bestimmten Abteilung zuordnen lassen – beliebt vor allem Kapitalverbrechen wie Mord oder Vergewaltigung. Sicherlich auf seine Art aufregend, aber ganz bestimmt nicht jedermanns Sache. Ich bleibe doch lieber beim Tatort…
Daneben kann man an einer Polizeifahrt, einer Obduktion sowie einem Trinkversuch teilnehmen. Alles spannende Veranstaltungen, die man – so man denn daran interessiert ist – definitiv wahrnehmen sollte. Gerade die Polizeifahrt in Köln über die Ringe an einem Freitagabend haben mir einige lustige Geschichten beschert, die man immer wieder erzählen kann: Von kurzen Zündschnuren und harten 14-Jährigen aus Köln-Kalk. Unbezahlbar auch der Moment, wenn ihr von einem zwei Meter großen Schrank osteuropäischer Herkunft auf euer Ordnerleibchen angesprochen werdet und mit „Staatsanwaltschaft Köln“ antwortet.
Quintessenz: Nehmt die Angebote der Praxis wahr!
VI. Die Verwaltungsstation
Die folgende Station in einer Verwaltung kann ganz unterschiedlich verbracht werden, so dass hier ein erheblicher Spielraum für Praxiserfahrungen besteht. Manche arbeiten bei der Stadtverwaltung, andere bei Kulturvereinen, wieder andere bei Bundesministerien. Die allermeisten versuchen jedoch über das Auswärtige Amt die Verwaltungsstation im Ausland zu verbringen – ein grandiose Chance! Wer also im Studium nicht die Gelegenheit hatte, mal aus dem gewohnten Umfeld herauszukommen, hat hier die ideale Gelegenheit. In der parallel zur Station angebotenen AG wird nämlich im Wesentlichen nur bekanntes aus dem Ersten Examen besprochen – man verpasst also mehr oder minder nichts. Die Auslandsziele sind hierbei vollkommen verschieden: Über Äthopien über Ecuador bis Zypern – alles dabei. Das einzige Problem ist die Begrenzung der Plätze beim Auswärtigen Amt und die Intransparenz des Vergabeverfahrens. Offenbar zählen nicht nur Examen und Abiturnote, sondern auch (vermeintliche) Sprach- und Landeskenntnisse.
Quintessenz: Versucht euer Glück und macht eine Station beim Auswärtigen Amt!
V. Die Anwaltsstation
Die letzte Station vor den schriftlichen Prüfungen ist die Anwaltsstation. Auch hier gibt es mehrere Wege zum Glück: Einige gehen in eine Großkanzlei und „machen sich die Taschen voll“. Wer diesen Weg ohnehin auch später für sich als Option sieht (also nicht nur das Geld, sondern auch die Tätigkeit), sollte daher nicht zögern – einen besseren Einblick bekommt man nicht. Andere spezialisieren sich auf ein konkretes Rechtsgebiet, etwa in einer Boutique. Ich habe den Weg nach New York gesucht und dort in einer Kanzlei eine tolle Zeit gehabt (s. meinen Bericht). In jedem Fall sollte die Anwaltsstation bereits so gewählt sein, dass die konkrete Kanzlei oder zumindest ein dort abgedecktes Rechtsgebiet für euer späteres Berufsleben in Betracht kommen.
Immer häufiger nutzen Referendare die Anwaltsstation vollständig zum „Tauchen“. Sie lassen sich also einem bekannten/befreundeten Anwalt zuteilen, arbeiten dort nicht, sondern lernen die 9 Monate bis zum Examen. Falls ihr einen Anwalt kennt, der euch blanco ein Zeugnis ausstellt, kann das einen Gedanken wert sein. Schließlich lernt ihr – so viel dürfte klar sein – in der Praxis so gut wie nichts für die schriftlichen Prüfungen.
Quintessenz: Macht etwas, das mit eurem beruflichen Ziel kompatibel ist!
VI. Die Examensvorbereitung
Die Zeit der Examensvorbereitung war für mich, neben meinem Auslandsaufenthalt, die intensivste. Daher werde ich meine Erfahrungen in einem gesonderen Artikel teilen.
VII. Die Wahlstation
Spätestens in der Wahlstation solltet ihr eine Idee haben, wie es für euch nach dem Examen weitergeht. Dann bietet sich diese an, um entweder in diesem Bereich seine Kenntnisse so erweitern (etwa in einer Kanzlei, in der man nach dem Examen weiterarbeiten möchte) oder um noch einmal besondere Erfahrungen zusammeln – sprich: noch einmal ins Ausland zu gehen. Die Vorbereitung auf die mündliche Prüfung beschränkt sich ohnehin nur auf den letzten Monaten vor eurem Termin, da euch vorher in aller Regel die Motivation fehlen wird. So ging es jedenfalls allen mir bekannten Prüflingen. Daher könnt ihr die drei Monate vollständig für etwas wirklich interessantes nutzen, ohne – wie etwa in der Anwaltsstation – ein schlechtes Gewissen bzgl. verpasster AGs oder zu wenig Lernzeit zu haben.
VIII. Fazit: Make the most of it!
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