Hell’s Angels in Köln verboten – Rechtliche Implikationen
Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger hat am 03.05.2012 die Rockergruppe „Hells Angels MC Cologne“ und ihren Supporter Club „Red Devils MC Cologne“ verboten und aufgelöst. Ab sofort ist den Mitgliedern der verbotenen Rockerclubs jede Vereinstätigkeit und die Bildung von Ersatzorganisationen untersagt. Zudem ist es verboten, die Vereinssymbole in der Öffentlichkeit zu zeigen oder zu verbreiten. Das gilt auch für die so genannten Kutten.
Rechtliche Grundlagen
Details zu solchen Verboten müssen für das Examen sicherlich nicht bekannt sein, zumindest aber sollten für die mündliche Prüfung die Rechtsgrundlage und einige wesentliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen bekannt sein. Daher nun ein kurzer Überblick:
- Nach Art. 9 Abs. 2 GG können „Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten“, verboten „sind“. Verbotene Vereine können sich damit nicht auf die Vereinigungsfreiheit des Art. 9 Abs. 1 GG berufen, es wird also wohl bereits der Schutzbereich durch Art. 9 Abs. 2 GG eingeschränkt. Vgl. hierzu das BVerfG:
„Mit dieser abschließenden Festlegung von Verbotsgründen beschränkt Art 9 Abs 2 GG das kollektive Recht auf Fortbestand der Vereinigung und setzt dem Grundrecht der Vereinigungsfreiheit von Verfassungs wegen eine eigenständige Grenze. Art 9 GG ist dahin auszulegen, dass Abs 1 die Vereinigungsfreiheit lediglich mit der sich aus Abs 2 ergebenden Einschränkung gewährleistet“ (BVerfG NJW 1990, 37, 38; ebenso: BVerwG NVwZ 2010, 446, 455).
- Dies wird auf Ebene des einfachen Rechts durch § 3 Abs. 1 S. 1 VereinsG umgesetzt. Das ausgesprochene Verbot ist lediglich ein (konstitutiv) feststellender Verwaltungsakt (Wache, in: Erbs/Kohlhaas Strafrechtliche Nebengesetze, 187. Ergänzungslieferung 2011, § 3 VereinsG Rn. 4), da verfassungswidrige Vereine eben schon nach Art. 9 Abs. 2 GG verboten „sind“.
- Verboten sind verfassungswidrige, strafgesetzwidrige und völkerrechtswidrige Vereine (Art. 9 Abs. 2 GG).
- Das Merkmal der „verfassungsmäßigen Ordnung“ ist eng zu verstehen und gleichbedeutend mit „freiheitlich demokratischer Grundordnung“. Außerdem genügt es nicht, wenn ein Verein die Verfassungs lediglich ablehnt, hinzukommen muss vielmehr eine aggressiv-kämpferische Haltung (Cornils, in: Epping/Hillgruber, Beck’scher Online-Kommentar GG, Art. 9 Rn. 26). Die Voraussetzungen sind damit ähnlich eng wie bei Art. 21 Abs. 2 GG.
- Vorliegend kommt vor allem das Vorliegen eines strafgesetzwidrigen Vereins in Betracht. Dies hat das BVerwG auch bereits einmal für die Hell’s Angels Hamburg angenommen (BVerwG v. 18.10.1988 – 1 A 89/83, NJW 1989, 993). Dort entschied das BVerwG, dass die Strafgesetzwidrigkeit einer Vereinigung auch dann gegeben ist,
„wenn deren Mitglieder zwar spontan und aufgrund eines eigenen Entschlusses Straftaten begehen, dabei aber immer wieder geschlossen als Vereinigung auftreten, so daß die Straftaten sich nach außen als Vereinsaktivitäten darstellen, und die Vereinigung diesen Umstand kennt und billigt oder jedenfalls widerspruchslos hinnimmt. Der Vereinigung zurechenbar sind ferner solche strafbaren Verhaltensweisen der Vereinsmitglieder, die die Vereinigung deckt, indem sie ihren Mitgliedern durch eigene Hilfestellung oder Hilfestellung anderer Mitglieder Rückhalt bietet.“
- Das Verbot geht idR mit der Beschlagnahme und Einziehung des Verinsvermögens einher, § 3 Abs. 1 S. 2 VereinsG.
- Der Bundesminister des Innern ist nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VereinsG für das Verbot einer Vereinigung zuständig, die über das Gebiet eines Bundeslandes hinaus durch nicht ganz unbedeutende Tätigkeiten anhaltend in Erscheinung tritt (BVerwG v. 18.10.1988 – 1 A 89/83, NJW 1989, 993). Bei nur landesweit tätigen Organisationen ist idR der jeweilige Landesinnenminister zuständig (so auch bei den Hell’s Angels Köln).
Artikel über das Verbot der Hells Angels, rechts als Werbung: Das kostenlose Browsergame „Bastards of Hell“, das ganz offensichtlich die HA als Vorbild hat 😀
Anmerkung: Wenn man der Ansicht ist, dass Vereine gem. Art. 9 II GG bereits verboten „sind“ (s. Artikel oben), dann wirkt der Ausspruch des Vereinsverbots natürlich nicht konstitutiv, sondern nur deklaratorisch. Die konstitutive, d.h. verbotsbegründende, Wirkung ergibt sich eben schon aus Art. 9 II GG.