Gastbeitrag: Privatleben geht Arbeitgeber nichts an – selbst bei Pornodarstellern!
Wir freuen uns einen kurzen Gastbeitrag von Arno Schrader zu veröffentlichen.
Privatleben geht Arbeitgeber nichts an – selbst bei Pornodarstellern!
Kennen Sie Paderborn? Eine ostwestfälische Stadt mit ca. 145.000 Einwohnern, einem bekannten Comedian (Rüdiger Hoffmann), einem Dom und einem sehr rührigen Arbeitsgericht.
Der Fall
Der Geschäftsführer eines Unternehmens aus Paderborn fand im Schreibtisch eines Mitarbeiters mehrere DVDs. Das ist für sich genommen noch nicht dramatisch, allerdings handelte es sich um Pornofilme. Auch nicht schlimm, denken Sie? Es geht noch besser: In einigen Szenen war ein Arbeitnehmer selbst als Darsteller zu erkennen.
Einmal ehrlich: Auf die Idee, solche DVDs am Arbeitsplatz liegen zu lassen, muss man als Arbeitnehmer erst einmal kommen.
Der Paderborner Arbeitgeber fand das gar nicht lustig und stellte den Arbeitnehmer telefonisch zur Rede. Dieser beleidigte den Arbeitgeber mit: „Ich pisse auf Euch alle! Ihr Arschlöcher könnt mich alle mal!“
Das tat der Arbeitgeber dann auch und kündigte dem Arbeitnehmer.
Dem hat das Arbeitsgericht Paderborn jedoch mit Urteil vom 07.07.2010, Az.: 2 Ca 392/10, einen Riegel vorgeschoben: Zu Recht war es der Auffassung, dass die „Schauspielertätigkeit“ des Arbeitnehmers die Tätigkeiten am Arbeitsplatz nicht beeinträchtigen. Sie habe überhaupt keinen Bezug zum Arbeitsplatz.
Dass der Arbeitnehmer die Filme am Arbeitsplatz gesehen hat, konnte der Arbeitgeber ohnehin nicht beweisen.
Auch die Beleidigung hielt das Gericht zwar grundsätzlich für einen Kündigungsgrund, hier waren jedoch die Einzelheiten des Falls zu berücksichtigen. Eine Abmahnung wäre nach Auffassung des Gerichts zuvor erforderlich gewesen. Zudem sei es eine Überreaktion des Arbeitnehmers gewesen.
Außerdem schrieb die Richterin dem Arbeitgeber Folgendes ins Urteil: „Das außerdienstliche Verhalten eines Arbeitnehmers kommt nur dann als wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung in Betracht, wenn hierdurch das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt wird. Hierbei ist der Arbeitgeber grundsätzlich nicht zum Sittenrichter über die in seinem Betrieb tätigen Arbeitnehmer berufen.“ Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, der Arbeitgeber wird es in der Berufungsinstanz aber schwer haben.
Fazit: Privatleben ist Privatleben – und so sollte es auch bleiben!
Was ist mit der Frage der Genehmigungspflicht einer entgeltlichen Nebenbeschäftigung? Oder handelte es sich um eine unentgeltliche Laiendarstellung?