EuGH-Urteil zu Exklusivlizenzen für TV-Sportübertragungen
Wir freuen uns, heute einen Gastbeitrag von Sebastian Diehl, LL.M. (Cambridge) veröffentlichen zu können. Der Beitrag bespricht das Urteil des EuGH vom 4. Oktober 2011 (verbundene Rechtssachen C-403/08 und C-429/08).
In seinem Urteil hat der EuGH grundlegend zur Zulässigkeit von so genannten gebietsabhängigen Exklusivlizenzen für TV-Sportübertragungsrechte Stellung genommen. Ohne Zweifel betrifft die Entscheidung mit den Vorschriften der Artt. 56, 101 AEUV Kernbereiche des europäischen Wettbewerbsrechts – sie hat daher bereits schon aus diesem Grund gesteigerte (Examens)relevanz (hierauf wurde an anderer Stelle bereits hingewiesen, vgl. hier ; siehe ferner die Besprechung von Peifer, GRUR-Prax 2011, 323536).
Bei näherem Hinsehen zeigt sich indes, dass die Bedeutung des Urteils keineswegs auf das Themenfeld des primären Unionsrecht beschränkt ist. Wenn auch indirekt, so hat der EuGH mit seinen Ausführungen doch eine weitere Fragestellung auf das Tablett gebracht, die nicht zuletzt aus der Perspektive des Schwerpunktbereichs „Geistiges Eigentum“ unbedingt Aufmerksamkeit verdient.
Es geht um die Frage nach den Grundlagen eines Schutzes von Sportveranstaltungen nach nationalem Recht, und damit um das rechtliche Fundament einer Verwertung von so genannten Übertragungsrechten an Fußballspielen. Nicht nur für das Pflichtfach „Europarecht“ ist die Entscheidung daher relevant – sie ist daneben eine „Steilvorlage“ (um im Kontext zu bleiben) für die Diskussion einer Thematik, über die insbesondere im deutschen Immaterialgüterrecht seit Jahren gestritten wird (und zu der sich jüngst auch der BGH geäußert hat (BGH GRUR 2011, 436 – Hartplatzhelden).
Die folgenden Ausführungen wollen diese Vorlage nutzen. Nach einem knappen Überblick über die Entscheidung (I) und einer Einführung in die Thematik zum rechtlichen Schutz von Sportveranstaltungen (II) sollen die verschiedenen Ansätze skizziert und die Argumente erläutert werden, die die aktuelle Diskussion im deutschen Recht bestimmen (III). Hieraus kann sich schließlich ein Denkanstoß ergeben für die rechtspolitische Debatte zum Schutz von Sportereignissen (IV).
I. Das Urteil des EuGH
Die wesentlichen Aussagen des Urteils sind bereits an anderer Stelle dargestellt worden. Gegenstand der Prüfung durch den EuGH war einerseits eine einfachgesetzliche nationale Regelung, die unter anderem die Einfuhr, den Verkauf und die Verwendung ausländischer Decodiervorrichtungen untersagte, sofern diese Zugang zu Satellitenrundfunkdiensten aus einem andern Mitgliedsstaat gewährten (Rz. 85 ff.). Andererseits beschäftigte sich das Gericht mit den Bedingungen ausschließlicher Lizenzen für Sportübertragungsrechte, in deren Rahmen die jeweiligen Sendeunternehmen (Lizenznehmer) verpflichtet wurden, außerhalb des vom Lizenzvertrag erfassten Gebietes keine Decodiervorrichtungen zur Verfügung zu stellen, mit denen ein Zugriff auf die Schutzgegenstände des Rechtsinhabers möglich ist (Rz. 134 ff.).
Prüfungsmaßtab war dabei einerseits Art. 56 AEUV (bzgl. der nationalen Regelung), andererseits Art. 101 AEUV (bzgl. der Klauseln der Exklusivlizenzen). Angesichts der Wirkung der in Rede stehenden Maßnahmen (Ausschluss von außerhalb des Sendemitgliedsstaates ansässigen Personen vom Empfang der Rundfunkdienste / Abschottung von Märkten nach nationalen Grenzen) stellte das Gericht sowohl eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (Rz. 89) als auch eine Wettbewerbsbeschränkung (Rz. 139) fest.
Hiermit kommt man zu dem für die hiesigen Ausführungen zentralen Punkt. In beiden Fällen gelangt der EuGH zu der Frage, ob eine Rechtfertigung unter dem Gesichtpunkt des Schutzes der Rechte des Geistigen Eigentums (als zwingende Gründe des Allgemeininteresses) in Betracht kommen kann (Rz. 93 ff., 145). Seine Antwort ist in beiden Fällen negativ. Denn unabhängig davon, welche Schutzrechte im Einzelfall mit Bezug auf Sportveranstaltungen relevant werden können, darf eine Beschränkung nicht über das hinausgehen, was in den Garantiebereich des „spezifischen Gegenstands“ des Geistigen Eigentums fällt. Anders gewendet: Beide Maßnahmen gingen jedenfalls über das zum Schutz des Geistigen Eigentums erforderliche Maß hinaus. Zwar ist der Rechtsinhaber hinsichtlich seiner Möglichkeit zur kommerziellen Nutzung seiner (Monopol)positionen geschützt. Er soll in der Lage sein, Lizenzen gegen eine Vergütung zu erteilen. Allerdings ist hierdurch nicht eine höchstmögliche Vergütung garantiert. Eine gebietsabhängige Exklusivität der Verwertung führt jedoch zu einer „Vergütung mit Aufschlag“, die nicht mehr erforderlich ist, um den spezifischen Gegenstand des Geistigen Eigentums zu gewährleisten. Daher standen beide Maßnahmen im Ergebnis im Konflikt mit dem primären Europarecht (im Einzelnen Rn. 105 ff., 145 f.).
II. Problemaufriss: Das „Recht“ am Fußballspiel
Der hiesige Beitrag will an dieser Stelle nicht stehenbleiben. Es soll vielmehr noch einmal zurückgekehrt werden zu einer Feststellung des EuGH, die für die nationale Rechtslehre und die rechtspolitische Debatte von größerer Bedeutung ist als für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens. So heißt es in Rz. 99:
„Sportereignisse [können] keinen urheberrechtlichen Schutz genießen. Fest steht außerdem, dass das Unionsrecht im Bereich des geistigen Eigentums auch keinen anderen Schutz für sie vorsieht.“
Dies ist eine beachtlicher Befund, der den unbefangenen Leser des Urteils wenigstens stutzig machen muss. So heißt es doch in der Überschrift zur Pressemitteilung, das Urteil betreffe die Unzulässigkeit eines bestimmten „Lizenzsystem[s] für die Weiterverbreitung von Fußballspielen“. Auf welcher Grundlage steht aber ein solches Lizenzsystem überhaupt, wenn einem Fußballspiel anscheinend (wenigstens europarechtlich) schon gar kein Schutz zukommt? Die Veranstaltung eines Fußballspiels kann zweifellos eine organisatorische Leistung umfassen und Investitionen erfordern (ganz unabhängig davon, dass mancher Trainer seine samstägliche Aufstellung gerne mit einer Choreographie verglichen sehen würde). Ist es jedoch (wenigstens nach nationalem Recht) verboten, ein Fußballspiel aufzuzeichnen und die Aufnahmen zu verwerten? Was genau ist also gemeint, wenn von der Vergabe von „Fußballübertragungsrechten“ gesprochen wird?
In der Regel basiert eine Lizenz im Recht des Geistigen Eigentums auf einer ausschließlichen (besser: gegenständlich-absoluten) Rechtsposition: Der Inhaber eines Urheberrechts, eines Patents oder einer Marke (um die wichtigsten Ausschließlichkeitsrechte zu nennen) hat die Möglichkeit, das immaterielle Gut selbst zu nutzen – er kann aber auch mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen gegen Dritte vorgehen, die unberechtigt in seine Rechtsstellung eingreifen. Hieraus folgt im Gegenzug – vereinfacht gesagt –, dass er Dritte auch von dem Verbot der Nutzung gleichsam befreien kann, indem er eine Lizenz erteilt. Eine erste Frage lautet daher: Lassen sich Fußballübertragungsrechte in diese Kategorie des „Immaterialgüterrechts“ einordnen – und ist daher die Einräumung von Sportübertragungsrechten eine Lizenz am Geistigen Eigentum?
Ohne die Antwort vorweg zu nehmen, ist darauf hinzuweisen, dass neben den genannten Ausschließlichkeitsrechten auch Positionen bestehen können, die faktisch wie Rechte an immateriellen Gütern wirken, obwohl sie eigentlich Fälle des Handlungsunsrechts regeln und nicht primär güterzuordnende Funktion haben (so z.B. unter Umständen deliktsrechtliche Normen aus § 823 BGB oder §§ 3 ff. UWG). Auch hier kann, vereinfacht gesagt, eine „Gestattung“ (bzw. Einwilligung) an Dritte möglich sein, die unter Umständen zum Ausschluss der Rechtswidrigkeit einer im Normalfall verbotenen Handlung führt. Die zweite Frage lautet daher: Falls ein Ausschließlichkeitsschutz nicht besteht, können Sportübertragungsrechte und -lizenzen wenigstens auf dieser Grundlage erklärt werden?
III. Geistiges Eigentum, Leistungsschutz oder Hausrecht?
Die Diskussion um die Grundlage von Rechten an Sportveranstaltungen lässt sich mehrere Jahrhzehnte zurückverfolgen (vgl. nur den Hinweis auf die unzähligen Publikationen seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert bei Peukert, ZUM 2005, 501). Im Zentrum stehen dabei drei verschiedene Lösungsansätze:
Erstens ein Schutz über urheberrechtliche Normen (§ 2, § 81 UrhG), zweitens über lauterkeitsrechtliche Bestimmungen (§ 3, § 4 Nr. 9 UWG) und drittens über das allgemeine Deliktsrecht des BGB (§§ 823 Abs. 1, 1004 BGB). Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, soll nachfolgend der Stand der Debatte nachgezeichnet werden. Der Übersichtlichkeit halber wird auf eine Flut von Einzelnachweisen verzichtet – für eine detaillierte Übersicht und eine vertiefte Diskussion der einzelnen Meinungen sei vielmher verwiesen auf die Darstellung bei Hilty/Henning-Bodewig, Leistungsschutzrecht für Sportveranstaltungen? (2007); siehe ferner das Urteil des BGH v. 28.10.2010 (GRUR 2011, 436 ff. – Hartplatzhelden) sowie Bullinger/Jani, ZUM 2008, 897 ff., Ehnmann, GRUR Int. 2009, 659 ff., Ohly, GRUR 2010, 487 ff. sowie ders., in: Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl. 2010, § 4, Rn. 9.80.
1. Urheberrechtsschutz für Sportveranstaltungen?
Ein (absoluter) Schutzes eines Fußballspiels könnte auf Grundlage des Urheberrechtsgesetzes bestehen. Dies würde allerdings voraussetzen, dass es sich bei derartigen Sportveranstaltungen um „Werke“ im Sinne des Urheberrechts handelt, d.h. um persönliche geistige Schöpfungen, § 2 UrhG. Im Zentrum eines Fußballspiels steht aber nicht ein eigenschöpferisches Tätigwerden der Beteiligten, sondern vielmehr ein sportlicher Wettkampf, ein Spiel nach besonderen Regeln. Deshalb wird der Urheberrechtsschutz ganz überwiegend abgelehnt. Dem hat sich der EuGH für den europarechtlich harmonisierten Bereich des Urheberrechts nun angeschlossen (vgl. Rz 96 ff.). [Anmerkung: Hiervon unabhängig ist freilich die Frage, inweiweit andere schöpferische Gestaltungen Schutz genießen, die anlässlich solcher Sportevents verwertet werden (wie z.B. die Hymne des Fußballvereins etc.). Ist insofern ein Urheberrechtsschutz zu bejahen (was anzunehmen ist), so bedarf die Vervielfältigung usw. dieser Werke der Gestattung des Rechtsinhabers. Dies ist indes nicht das hier vordringlich interessierende Problem.]
Auch wenn nun insoweit Einigkeit besteht, so ließe sich doch unter Umständen auf anderem Wege ein Schutz über das UrhG herleiten. So sind bestimmte Veranstalter von Darbietungen ausübender Künstler nach § 81 UrhG hinsichtlich der von ihnen erbrachten Leistungen und Investitionen geschützt – man könnte also an eine Analogie denken. Allerdings wird auch dies überwiegend abgelehnt, insbesondere weil eine planwidrige Regelungslücke im Urheberrecht bezüglich Sportveranstaltungen nicht besteht. Der BGH hat dies bestätigt (BGH GRUR 2011, 436, Rz. 21 – Hartplatzhelden).
2. Lauterkeitsrechtlicher Schutz nach §§ 3, 4 Nr. 9 UWG bzw. § 3 UWG?
Nach § 4 Nr. 9 b) UWG handelt unlauter, wer mit einen Dienstleistungen die Dienstleistungen anderer nachahmt und deren Wertschätzung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt. Dieser wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz ergänzt das Schutzrechtsregime des Geistigen Eigentums, soweit es z.B. hinsichtlich schutzwürdiger Investitionen lückenhaft ist. Dies könnte für den Fall der Übernahme von Leistungsergebnissen im Sportveranstaltungsbereich, d.h. z.B. für die nicht lizenzierte Übertragung eines Fußballspiels, zutreffen. Mit ähnlichen Erwägungen könnte auch auf § 3 Abs. 1 UWG zurückgegriffen werden (sog. Schrittmacherfunktion des Wettbewerbsrechts, vgl. Ohly, in: Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, Einf. C, Rn. 62). Man könnte argumentieren, dass durch die Aufzeichnung eines Fußballspiels das Ergebnis einer fremden Leistung übernommen werde. Dadurch könnte der ursprüngliche Organisator der Veranstaltung in unlauterer Weise in seinem Interesse beeinträchtigt sein, das Leistungsergebnis geschäftlich zu verwerten (vgl. etwa OLG Stuttgart, GRUR-RR 2009, 355 – Hartplatzhelden).
Gegen einen solchen Ansatz ist aber einzuwenden, dass die filmische Aufzeichnung eines Sportevents schwerlich als Nachahmung von Leistungergebnissen verstanden werden kann – denn das Fußballspiel selbst oder die Leistung des Organisators werden nicht imitiert. Vielmehr wird an eine fremde Leistung nur angeknüpft. Dies, so hat der BGH entschieden, ist aber nicht Gegenstand des Schutzes nach § 4 Nr. 9 UWG (BGH GRUR 2011, 436, Rz. 16 f. – Hartplatzhelden).
3. Deliktsrechtlicher Schutz nach § 823 BGB – Das Hausrecht des Veranstalters
Wie gesehen besteht nach h.M. keine sondergesetzliche Grundlage für den Schutz von Fußballspielen. Es bleibt allerdings ein letzter Ausweg: Der Sportveranstalter, so wird argumentiert, kann Bedingungen für den Zutritt zu seiner Sportstätte aufstellen – z.B., dass keine Videoaufnahmen gefertigt werden bzw. nur gegen Entgelt zulässig sind. Diese Möglichkeit folgt aus seinem Hausrecht (§§ 823 Abs. 1, 1004, 862 BGB); dieses ist damit zumindest teilweise eine taugliche Grundlage für Abwehrrechte des Veranstalters mit Bezug auf so genannte „Stadionsachverhalte“. [Anmerkung: Daneben kommen prinzipiell auch Ansprüche aus dem Recht am Gewerbebetrieb in Betracht. Allerdings ist zweifelhaft, ob die Aufzeichnung und Sendung eines Fußballspiels in den Garantiebereich dieser Position eingreift und als betriebsbezogen qualifiziert werden kann.]
Die Herleitung des somit bestehenden Schutzes aus dem Hausrecht offenbart indes gleichzeitig die Schwäche dieser Lösung: Der Veranstalter kann nicht gegen Verwertungshandlungen vorgehen, die ein Besucher außerhalb des Stadions bzw. nach Verlassen der Sportstätte vornimmt (z.B. die Verertung unbemerkt hergestellter Aufnahmen etc.). Auch muss das Hausrecht versagen, wenn der Veranstalter im Einzelfall nicht in der Lage ist, die Veranstaltung (räumlich) zu kontrollieren (z.B. Marathon o.ä.). Letztlich lässt sich aus dem Hausrecht auch keine Befugnis gegenüber späteren Nutzern und Verwertern in der Kette herleiten (z.B. gegen einen Gastwirt, der die „hausrechtswidrige“ Aufzeichnung seinen Gästen vorführt).
Auf der anderen Seite darf nicht übersehen werden, dass der Veranstalter, wenn er geeignete Kontrollen durchführt, unter Umständen faktisch ein sehr weites Verbotsrecht erhält: Denn er kann Aufnahmen im Stadion generell von einer Lizenzerteilung abhängig machen – dem Urheberrecht vergleichbare Schrankenregelungen zum Schutz der Interessen der Allgemeinheit gibt es bei § 823 BGB nicht in vergleichbarer Form.
Der Schutz der Veranstaltung auf Grundlage des Hausrechts ist also zum einen lückenhaft, zum anderen aber unter Umständen zu extensiv. Gleichwohl ist dies die Lösung in Deutschland de lege lata (vgl. nur BGH GRUR 2011, 436, Rz. 21 ff. – Hartplatzhelden m.w.N.).
[Anmerkung: Grundsätzlich wäre auch an Unterlassungsansprüche aus dem Persönlichkeitsrecht der Fußballspieler und der anderen Akteure zu denken, die sich gegen die Filmaufnahmen richten. Dies führt indes nicht zu einem Schutz der Rechtspostion des Veranstalters, der die Fernsehübertragung gewinnbringend lizenzieren möchte.]
4. Zwischenfazit
Die eingangs gestellten Fragen sind also wie folgt zu beantworten: De lege lata besteht kein Ausschließlichkeitsschutz an Fußballspielen nach immaterialgüterrechtlichen Grundsätzen. Das hier in Rede stehende „Lizenzsystem“ bezieht sich daher nicht auf Lizenzen an Rechten des Geistigen Eigentums. Schutz besteht allerdings nach deliktsrechtlichen Grundsätzen. Die Verwertungskonstruktion basiert daher auf Einwilligungen, die die Rechtswidrigkeit einer bestimmten Handlung entfallen lassen.
Das praktische Ergebnis kann dabei insbesondere für den Veranstalter unbefriedigend sein, weil der Verweis auf das Hausrecht nur Einzelaspekte seiner Interessen gewährleisten kann.
IV. Ein Schutzrecht für Sportveranstaltungen de lege ferenda?
Wie gesehen ist die Problematik des Schutzes von Sportveranstaltungen bzw. der Absicherung der Verwertungsrechte nicht neu. Auch der Ruf nach dem Gesetzgeber ist in der Vergangenheit wiederholt laut geworden. Einen neuen Anstoß dürfte die rechtspolitische Debatte allerdings jetzt mit Blick auf die (sehr knappe) Äußerung des EuGH in Rz. 100 des Urteils erfahren:
„Sportereignisse [sind] als solche einzigartig und haben insoweit einen Originalcharakter, der sie möglicherweise zu Gegenständen werden lässt, die einen mit dem Schutz von Werken vergleichbaren Schutz verdienen, wobei dieser Schutz gegebenenfalls von den verschiedenen nationalen Rechtsordnung gewährt werden kann.“
Die dürfte die Frage (wieder)beleben, ob vor dem Hintergrund der bestehenden Rechtslage eine gesetzliche Normierung der Rechte an Sportveranstaltungen geboten erscheint. In der bisherigen Diskussion steht dabei insbesondere die Einführung eines Leistungsschutzrechts im Vordergrund (etwa in Anlehnung an den Schutz ausübender Künstler nach § 81 UrhG). Ist jedoch tatsächlich zur Gewährleistung der Interessen des Veranstalters eines Fußballspiels, der in eine Leistung investiert und deren Ausbeutung durch Drtite unterbinden will, ein solcher Ausschließlichkeitsschutz entsprechend der Konzeption des Geistigen Eigentums notwendig und gerechtfertigt? (siehe dazu insbesondere Hilty/Henning-Bodewig, Leistungsschutzrecht für Sportveranstaltungen? (2007); BGH GRUR 2001, 436, Rz. 24 ff. – Hartplatzhelden; Ehmann, GRUR 2009, 659, 660 ff.)
Für die Einführung eines entsprechenden Leistungsschutzrechts könnte auf die Nachteile verwiesen werden, die de lege lata mit der Herleitung des Schutzes aus dem Hausrecht des Veranstalters verbunden sind (s. vorstehend). Es könnte also zu befürchten sein, dass vor diesem Hintergrund bestimmte Investitionen nicht getätigt werden, die aber im Interesse der Allgemeinheit wünschenswert wären. Für Dritte ist es relativ einfach möglich, die Leistung des Sportveranstalters auszuwerten (z.B. durch Aufzeichnung und Sendung eines Fußballspiels) – ein Organisator könnte vor diesem Hintergrund davor zurückschrecken, bestimmte Dienstleistungen anzubieten. Ein gesetzliches Monopolrecht könnte die Gefahr des „Trittbrettfahrens“ verringern und damit einen Anreiz schaffen für weitere Investitionen. Es hätte dabei gleichzeitig den Vorteil, Rechtsklarheit über Inhalt, Umfang und Grenzen der Ansprüche des Veranstalters sowie über mögliche Ausnahmen herzustellen.
Auf der anderen Seite ist zu bedenken, dass die Einführung eines Monopolrechts stets vor dem Hintergrund der Allgemeininteressen und dem Grundsatz der Wettbewebsfreiheit gerechtfertigt, d.h. tatsächlich erforderlich sein.
Man könnte also einwenden, dass die Organisation eines Fußballspiels zwar erhebliche Investitionen erfordert, das Riskio der Nichtamortisation dabei aber als solches dem Wettbewerbsprinzip inhärent ist. Aus der bloßen Tatsache, dass der Veranstalter unter Umständen viel Geld aufwendet bzw. aufwenden muss und sein Engagement risikobehaftet ist, kann daher nicht schon folgen, dass ein – insbesondere über das Hausrecht hinausgehender – Schutz erforderlich ist.
Auch der Hinweis, dass die Interessen der Allgemeinheit an einem funktionierenden Wettbewerb die Schaffung von Investitionsanreizen notwendig machen kann, ist nicht notwendig ein zwingendes Argument. Denn gerade an der bestehenden Praxis der „Einräumung von Sportübertragungsrechten“ lässt sich möglicherweise ablesen, dass die Veranstalter und Verwerter bislang auf Grundlage der „Hausrechts-Lösung“ gut zurecht kommen. Es ist nicht ersichtlich, dass wegen des Fehlens eines Leistungsschutzrechts diese Leistungen unterblieben und damit ein Nachteil für die Allgemeinheit bestünde. Man kann also durchaus bezweifeln, ob es wirklich der Schaffung eines Leistungsschutzrechts bedarf.
Letztlich ist zu beachten, dass auch die Wertungen der vorhandenen Ausschließlichkeitsrechte nicht ausgehölt werden dürfen, d.h. ein neues subjektives Immaterialgüterrecht nicht dazu führen darf, dass Investitionen geschützt werden, die nach der Wertung eines vorhandenen Schutzrechts gerade keinen Monopolschutz verdienen. Der EuGH scheint zwar insoweit keine grundsätzlichen Bedenken zu haben – es kann jedoch gerade problematisch sein, ob ein Investitionsschutz für Sportveranstalter mit der Wertung z.B. des § 81 UrhG kollidiert.
Anmerkung: Wenn man hierüber hinwegsehen will, muss man die Folgefrage nach der zweckmäßigen Ausgestaltung der Schutzrechte beantworten – hier ist insbesondere zu überlegen, ob nicht angesichts der vielfach grenzüberschreitenden Sachverhalte anstelle vieler divergierender nationaler Regelungen eine europarechtlich einheitliche Lösung angezeigt wäre.
Aus dem Gesagten wird deutlich, dass sich über die durch den EuGH angestoßenen rechtspolitischen Fragen zum Thema „Rechte an Sportveranstaltungen“ trefflich streiten lässt. Die vorgehenden Ausführungen geben einen (freilich keineswegs vollständigen) Überblick über einige der relevanten Argumente. Vielleicht können sie einige Denkanstöße für eine Debatte bieten.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!