BGH zur Abgrenzung von Miet- und Werkvertrag: Anbringen von Werbung auf Kraftfahrzeugen
Die Abgrenzung zwischen verschiedenen Vertragstypen ist eine nicht immer leicht zu bewältigende Aufgabe, wird aber typischerweise erst auf Sekundärebene relevant, insbesondere wenn es um Mängelgewährleistungsrechte geht; auf Primärebene dagegen kann eine endgültige Einordnung regelmäßig offengelassen werden. In dem nachfolgend kurz geschilderten Sachverhalt hat sich der BGH nun aber doch zu einer Einordnung hinreißen lassen, wohl auch, um in der Rechtspraxis Klarheit zu schaffen, vor allem aber, da es um Bestimmtheitsprobleme ging, die bei Annahme eines Werk- anstelle eines Mietvertrages zur Unwirksamkeit geführt hätten, sodass die Abgrenzung ausnahmsweise doch auf Primärebene von Relevanz war. Doch der Reihe nach:
I. Sachverhalt (BGH, Urt. v. 07.11.2018 – XII ZR 109/17, juris, Rn. 1 f.):
„Die Klägerin vertreibt Werbeflächen auf Kraftfahrzeugen und anderen Gegenständen. Die Gegenstände erwirbt sie, um sie an soziale und andere Institutionen zu verleihen. Der Beklagte unterzeichnete am 27. Februar 2014 einen Vertrag über eine Werbefläche auf einem Fahrzeug, das einer Bildungseinrichtung zur Nutzung überlassen wurde. Vereinbart war ein Nettopreis von 1.760 € für eine Vertragslaufzeit von fünf Jahren. Mit der Klage verlangt die Klägerin die Bruttovergütung von 2.094,21 € […]. […].“
II. Die wesentlichen Erwägungen des BGH
Die Klägerin K könnte einen Anspruch auf Zahlung der Bruttovergütung in Höhe von 2.094,21 € gegen den Beklagten aus § 535 Abs. 2 BGB haben. Dazu müsste zwischen den Parteien ein wirksamer Mietvertrag zustande gekommen sein. Wesensbestimmend für einen Mietvertag ist die Gewährung des Gebrauchs einer Mietsache für eine bestimmte Mietzeit gegen Entrichtung eines bestimmten Mietzinses. Insoweit ist eine Auslegung der Parteivereinbarung anhand der §§ 133, 157 BGB notwendig.
Für einen Mietvertrag kann vorliegend angeführt werden, dass es den Parteien um die alleinige Bereitstellung der Werbefläche auf einem Fahrzeug und damit um eine Gebrauchsüberlassung gegangen sein könnte. Zwar ist es einer solchen grds. immanent, dass dem Mieter auch der Besitz an der Sache verschafft wird; darauf kann aber dann verzichtet werden, wenn der Mieter bei mobilen Werbeflächen nach dem Vertragsinhalt gerade die fehlende Besitzverschaffung anstrebt – vor allem, wenn gerade gewollt ist, dass der Vermieter die Werbung verbreitet (wie hier durch das Fahren und Abstellen des Kfz).
Andererseits deutet der Umstand, dass die Parteien eine vergleichsweise hohe Vergütung vereinbart haben, darauf hin, dass es ihnen um die Wirksamkeit der Werbung im Sinne eines geschuldeten Erfolgs gegangen sein könnte, was für einen Werkvertrag streitet, § 631 BGB – so hatte es die Vorinstanz (LG Bad Kreuznach, Urt. v. 02.11.2017 – 1 S 49/17) gesehen. Da eben dieser Erfolg und damit die Werkleistung an sich danach nicht hinreichend genug bestimmt war, hatte das LG Bad Kreuznach den Vertrag für unwirksam erklärt. Träfe diese Sichtweise zu, lägen hier bereits die essentialia negotii nicht vor. Dem hat der BGH nun indes eine klare Absage erteilt und stellt dabei auf die konkret geschuldete Leistung ab:
Diese „bestehen nach dem Vertragsinhalt darin, die auf einem näher festgelegten Werbefeld anzubringende Beschriftung über die gesamte Vertragsdauer dort angebracht zu halten, um im laufenden Geschäftsbetrieb der sozialen Institution einen Werbeeffekt zu ermöglichen. Während die Klägerin sich verpflichtete, eine bestimmte Fläche auf dem ihr gehörenden Fahrzeug für eine bestimmte Dauer zur werbemäßigen Nutzung zur Verfügung zu stellen, war gleichzeitig offenkundig, dass sie auf den konkreten Einsatz des Fahrzeugs nach Ort und Zeit keinen Einfluss hatte. Wie das Landgericht selbst hervorhebt, konnte die Klägerin aus der Natur der Sache heraus keine Vorfestlegung des zeitlichen und räumlichen Einsatzes des Fahrzeugs treffen, sondern lediglich die Zurverfügungstellung der Werbefläche als solche versprechen. Insoweit sprechen gerade die vom Landgericht hervorgehobenen Umstände gegen einen bestimmten, werkvertragsmäßig versprochenen Erfolg, sondern vielmehr dafür, dass sich die Vertragspflicht auf dasjenige beschränkte, was in der Hand der Klägerin lag, nämlich die Zurverfügungstellung der Werbefläche als solche.“
Mithin findet vorliegend Mietrecht Anwendung – auf eine etwaige Unbestimmtheit des Erfolgs kommt es deshalb nicht an, da die Werbefläche als Mietobjekt jedenfalls hinreichend genug bestimmt war.
III. Summa
Ein Vertrag über Werbeflächen ist als Mietvertrag zu qualifizieren. Die Tatsache, dass sich die Werbefläche nicht an einem festen Standort befindet (wie es etwa bei einer Litfaßsäule der Fall ist), sondern vielmehr mobil bewegt wird (wie etwa bei einem Kfz), begründet keinen rechtlichen Unterschied, da es in beiden Fällen um die Überlassung des Gebrauchs an einer bestimmten Fläche zu Werbezwecken geht, nicht aber um die vom Vermieter regelmäßig auch gar nicht zu garantierende und nur schwer messbare Wirksamkeit der Werbung als unbestimmtem Erfolg.
Es kann Verbreitung durch Mobilität des Werbeträgers miteingepreist sein. Insofern kann doch mehr als bloße Gebrauchsüberlassung vereinbart sein.