BGH: Zschäpe bleibt in Untersuchungshaft – Haftbeschwerde verworfen
Wie der BGH heute entschied (Beschluss v. 28.02.2012 – StB 1/1, hier erhältlich; s. auch Pressemitteilung Nr. 29/2012), bleibt Beate Zschäpe weiterhin in Untersuchungshaft. Der BGH hat damit eine entsprechende Haftbeschwerde verworfen. Diese aktuelle Meldung ist Anlass genug, sich für die mündliche Prüfung noch einmal mit der Problematik der Untersuchungshaft zu beschäftigen.
Voraussetzungen der Untersuchungshaft (§ 112 StPO)
Die Untersuchungshaft ist in § 112 StPO geregelt. Danach sind drei Punkte zu prüfen:
1) Ein dringender Tatverdacht, § 112 I 1 StPO: Dringender Tatverdacht liegt vor, wenn nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis eine große Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Beschuldigte als Täter oder Teilnehmer eine Straftat begangen hat, wobei ein strafbarer Versuch ausreichend ist. Einen solchen dringenden Tatverdacht hat der BGH hier bejaht. In der Pressemitteilung heißt es:
Frau Zschäpe hatte sich gegen den vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs am 13. November 2011 erlassenen Haftbefehl wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung und der besonders schweren Brandstiftung gewandt. Ihre Einwendungen hat der 3. Strafsenat nunmehr für unbegründet erachtet. Wie der Ermittlungsrichter hält er Frau Zschäpe für dringend verdächtig, im Jahre 1998 zusammen mit den zwischenzeitlich verstorbenen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos die rechtsterroristische Vereinigung „Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)“ gegründet und ihr bis zum Tod von Böhnhardt und Mundlos am 4. November 2011 angehört zu haben. Darüber hinaus besteht der dringende Verdacht, dass sie zur Vernichtung von Beweismitteln an diesem Tage die von der Gruppierung genutzte Wohnung in Zwickau in Brand gesetzt hat.
2) Ein Haftgrund z.B. § 112 Abs. 2 StPO (muss nach BVerfG immer vorliegen, auch in Fällen des § 112 Abs. 3 StPO, dann aber – je nach Schwere des Tatverdachts – abgeschwächt!): Vorliegend wurde ein Fall des § 112 Abs. 3 StPO und Fluchtgefahr angenommen. Hierzu führt der BGH aus:
Es besteht jedenfalls der Haftgrund der Schwerkriminalität (§ 112 Abs. 3 StPO). Nach den Umständen kann nicht ausgeschlossen werden, dass ohne den Vollzug der Untersuchungshaft die alsbaldige Ahndung und Aufklärung der Taten gefährdet wäre (vgl. hierzu Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 112 Rn. 37 mwN). Die Beschuldigte muss wegen der ihr im Haftbefehl vorgeworfenen Taten schon aufgrund der gesetzlichen Strafandrohungen mit mehrjährigem Freiheitsentzug rechnen. Auch wenn sich die Beschuldigte am 8. November 2011 freiwillig der Polizei gestellt hat, besteht weiterhin Anlass zur Besorgnis, dass sie, auf freien Fuß gesetzt, den von dieser hohen Straferwartung ausgehenden, nicht unerheblichen Fluchtanreizen schließlich nachgeben wird. Über ausreichende soziale Bindungen, die dem verlässlich entgegenwirken könnten, verfügt die Beschuldigte nicht. Sie ist nunmehr ohne festen Wohnsitz; zu ihrer Mutter und zu anderer Verwandtschaft unterhielt sie nach den Ermittlungen seit ihrem Untertauchen 1998 keine Kontakte mehr. Wie bereits das Tatgeschehen zeigt, sind ihr ein Leben im Untergrund und die Verschleierung der eigenen Identität durch Verwendung falscher Personalien nicht fremd. So äußerte sie anlässlich einer polizeilichen Vernehmung am 8. November 2011, schon lange nicht mehr mit ihrem wahren Namen unterschrieben zu haben und auf die Nennung ihres Vornamens kaum noch zu reagieren. Angesichts dessen kann der Zweck der Untersuchungshaft auch nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen als deren Vollzug erreicht werden (§ 116 Abs. 1 StPO).
3. Verhältnismäßigkeit, § 112 I 2 StPO: Hierzu stellt der BGH – angesichts der Schwere des Verdachts wenig überraschend – kurz und knapp fest:
Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht auch noch nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Falle einer Verurteilung zu erwartenden Strafe.
Haftbeschwerde und Haftprüfung
Gegen die Untersuchungshaft steht neben der hier verworfenen Haftbeschwerde auch noch der Rechtsbehelf der Haftprüfung zur Verfügung (s. hierzu § 118 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StPO. Schließlich ist als ein weiterer Weg aus der U-Haft noch § 120 Abs. 3 S. 1 StPO zu beachten: Wenn man den Staatsanwalt für sich gewinnen kann, muss der Haftbefehl aufgehoben werden.
In diesem Zusammenhang ist abschließend noch darauf hinzuweisen, dass Unterschiede zwischen der Haftbeschwerde und einer Haftprüfung bestehen. Hierzu haben wir bereits in einem älteren Beitrag im Zusammenhang mit der Untersuchungshaft des Fußballspielers Breno berichtet.
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