Bagatellmangel eines neuen Fahrzeuges (Porsche Cayenne) berechtigt nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag
Der Bundesgerichtshof hat kürzlich die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (sog. Nichtzulassungsbeschwerde) gegen ein Urteil des 1. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts zurückgewiesen, das sich mit einer interessanten Rechtsfrage aus dem Gebiet des Autokaufs beschäftigt hat.
Sachverhalt
Der 1. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts hat im November 2009 entschieden, dass das Fehlen einer im Kaufvertrag vereinbarten Sonderausstattung „automatisch abblendbare Innen- und Außenspiegel“ bei einem knapp 70.000 € teuren Porsche Cayenne Tiptronic zwar einen Mangel darstellt, wegen seines Bagatellcharakters aber dennoch nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.
Entscheidung
Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Mangel der Kaufsache dem Käufer ausnahmsweise dann kein Rücktrittsrecht einräume, wenn die Pflichtverletzung des Verkäufers nur unerheblich sei. Bei einer nur geringfügigen Vertragsstörung überwiege das Verkäuferinteresse am Bestand des Vertrages das Rückabwicklungsinteresse des Käufers. Von einer in diesem Sinne unerheblichen Pflichtverletzung (des Verkäufers) sei auszugehen, wenn sich der Mangel in einem merkantilen Minderwert des Fahrzeugs auswirke, der weniger als 1 % des Kaufpreises betrage. So läge der Fall hier; der Aufpreis für die im Nachhinein nicht nachrüstbare Spiegeltechnik betrage sogar weit weniger als 1 % des Kaufpreises.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Entscheidung des Senats, die Revision nicht zuzulassen, hat der BGH vor kurzem (im Juni) zurückgewiesen. Damit steht nun endgültig fest, dass sich der Kläger an dem Kaufvertrag festhalten lassen muss.
Bundesgerichtshof, Beschluss v. 01.06.2011, Az.: VIII ZR 320/09,
Urteil des Thüringer Oberlandesgerichts v. 19.11.2009, Az.: 1 U 389/09
(vorgehend Urteil des Landgerichts Erfurt v. 05.03.2009, Az.: 2 HKO 126/08)
Interessant. Das macht es fragwürdig, inwieweit an den Ansätzen zur Begriffsbestimmung des wesentlichen Mangels festgehalten werden kann, die – in Anlehnung an das CISG – vorschlagen, dass jedenfalls ausdrücklich getroffene Beschaffenheitsvereinbarungen stets bei Mangelhaftigkeit auch deren Wesentlichkeit begründen.
Eine prognostische Rechtssicherheit kann jdf. auf Grundlage dieser hin und herschwankenden Bauchgefühl-Rspr. nicht herbeigeführt werden.
Zitat aus BGH in : Fahrzeugfarbe @ hier
„Die Lackfarbe bestimme maßgeblich das Erscheinungsbild eines Kraftfahrzeugs und gehöre deshalb für den Käufer zu den maßgeblichen Gesichtspunkten seiner Kaufentscheidung.“
Was will uns demgegenüber diese Entscheidung mitteilen?
Ein wesentlicher Mangel liegt dann vor, wenn der Mangel eine wesentliche Eigenschaft betrifft? Wesentlich sind solche Eigenschaften, die für den Käufer zu den maßgeblichen Gesichtspunkten seiner Kaufentscheidung gehören?
Von dieser Linie ausgehend, wird man die in diesem Urteil praktizierte Wertermittlung lediglich als indiziellen Gesichtspunkt für letzteres werten können. Das muss aber nicht so sein, denn eine andere Farbe kann ich auch für 500 € aufpreis bekommen, oder: sogar sparen. Daher die Frage: warum wird nicht direkt darauf abgestellt, dass die innenspiegelverblendung für die kaufentscheidung keinen wesentlichen ausschlagpunkt gibt, um mal eine einheitliche linie in diese frage zu geben, und endlich ein stringentes konzept herauszuarbeiten, wie es die eingangs erwähnte t.v.A. herausgearbeitet hat.
Mich würde interessieren an welchem Prüfungspunkt im zivilrechtlichen Gutachten anzusetzen ist.
Auschluss des Rücktrittsrechts §323 V S. 2 BGB?
richtig.
K, danke.