BGH: Zur Herstellergarantie beim Kfz-Kauf
Der Bundesgerichtshof hat am 6. Juli 2011 (VIII ZR 293/10) eine Entscheidung zur Herstellergarantie beim Kfz-Kauf getroffen.
Sachverhalt
Kläger K erwarb im Februar 2005 einen am 30. Juni 2004 erstmals zugelassen Vorführwagen PKW Saab 9.5. Er nimmt die beklagte Fahrzeugherstellerin V aus einer ihm bei Erwerb des Fahrzeugs ausgehändigten Urkunde über eine „Saab-Protection“-Garantie in Anspruch. In den formularmäßig gestalteten Garantiebedingungen heißt es unter anderem:
„2. Allgemeines
Saab garantiert bei Material- oder Herstellungsfehlern die kostenlose Reparatur oder den kostenlosen Ersatz des betreffenden Teils bei jedem Saab-Vertragshändler. Die Garantie ist an das in diesem Dokument beschriebene Fahrzeug gebunden und geht beim Weiterverkauf des Fahrzeugs auf den nächsten Erwerber über. …
4. Garantie-Dauer
Die vorliegende Garantie beginnt mit Ablauf der zweijährigen Herstellergarantie. Sie hat eine Laufzeit von einem Jahr, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Herstellergarantie. …
6. Garantievoraussetzungen
Garantieansprüche können nur bei einem Saab-Vertragshändler unter folgenden Bedingungen geltend gemacht werden:
– Das Fahrzeug muss gemäß den im Serviceheft beschriebenen Vorschriften bei einem Saab-Vertragshändler unter ausschließlicher Verwendung von Saab Originalteilen gewartet worden sein.
– Die ordnungsgemäße Wartung muss im Serviceheft bestätigt sein.
Das Nachweisdokument ist bei der Schadensmeldung vorzulegen.“
In dem Serviceheft ist bestimmt, dass das Fahrzeug jährlich oder nach einer Fahrleistung von jeweils 20.000 km einer Wartung zu unterziehen ist. Am 27. Dezember 2006 trat bei einem Kilometerstand von 69.580 km ein Defekt an der Dieseleinspritzpumpe auf, für dessen Reparatur dem Kläger vom Saab-Zentrum 3.138,23 € in Rechnung gestellt wurden. Anlässlich der Reparatur ließ der Kläger auch die zuvor unterbliebene 60.000-km-Inspektion nachholen. Ob die verspätet durchgeführte Inspektion für den eingetretenen Defekt ursächlich war, ist streitig. Die Beklagte hat, gestützt auf die nicht rechtzeitig durchgeführte Inspektion, ihre Eintrittspflicht verneint.
Entscheidung des BGH
Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass bei einer Kfz-Herstellergarantie, die im Zeitpunkt der Übernahme nur gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts gewährt worden ist, die Garantieleistung von der Durchführung von regelmäßigen Wartungsarbeiten in Vertragswerkstätten nicht ohne Rücksicht darauf abhängig gemacht werden darf, ob der Garantiefall auf eine unterlassene Wartung zurückzuführen ist. Besteht die Gegenleistung für die Garantie in dem dafür entrichteten Entgelt, so stellt sich eine Klausel, die die Erbringung von Garantieleistungen von einer Wahrung bestimmter Wartungsanforderungen unabhängig davon abhängig macht, ob die Überschreitung des Wartungsintervalls für den eingetretenen Garantiefall ursächlich ist, als unangemessene Benachteiligung des Kunden dar und ist deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
Quelle: Pressemitteilung des BGH
Den letzten Abschnitt hab ich 10 mal lesen müssen. Ich glaub die beim Bgh hätten bei meinen Profs nichts zu lachen gehabt.
@Big m:???
Danke, wieder einmal klasse Service. Das riecht nach einer schönen examensrelevanten Entscheidung. Die o.g. Garantiebedingungen ein bißchen nett als AGB verpackt und dann ab die Klausur …
Man beachte bitte:
In diesem Fall war die Garantie entgeltlich.
@diogenesvs
Der letzte Abschnitt ist doch ein schönes Beispiel für die Perfektion eines Schachtelsatzes. 😉
Bei unentgeltlicher Garantie wäre die Klausel allerdings weiterhin wirksam?
Seltsam ist die Unterscheidung zwischen entgeltlicher und unentgeltlicher Garantie. Immerhin ist auch eine angeblich „unentgeltliche“ Herstellergarantie bereits im Verkaufspreis mit eingerechnet. Der Kunde zahlt dafür in jedem Fall, ob direkt oder indirekt. Ich halte das für ein wenig kurz gedacht.
@ trodat: Es stimmt schon, dass es finanziell letztlich wohl keinen Unterschied macht, ob die Garantie „unentgeltlich“ war – was sie wohl tatsächlich in den wenigsten Fällen sein dürfte.
Aber ich würde hier die Unterscheidung des BGH doch verteidigen wollen: Es macht – aus Sicht der Vertragspartner – dann doch einen Unterschied, ob sie quasi zusätzlich als weiteren Willensentschluss eine Garantie vereinbaren, für welche Extrakosten auferlegt werden. Ist das der Fall sehe ich es auch als gerechtfertigt an, die Garantiebedingungen dann etwas strikter zu handhaben, als bei einer „kostenlos“ im Vertrag beinhalteten Garantie. Das dürfte auch der Erwartung der beteiligten Verkehrskreise am ehesten entsprechen-
Vor kurzem wurde diese Entscheidung im Volltext veröffentlicht.
https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=56952&pos=14&anz=779