BGH: Rechtsprechungsübersicht in Zivilsachen
Es ist wieder Zeit für unseren regelmäßigen Blick auf Entscheidungen des BGH in Zivilsachen. Die folgenden Entscheidungen sind mit dem amtlichen Leitsatz wiedergegeben. Sie können unter www.bundesgerichtshof.de kostenlos im Volltext nachgelesen werden. Das Prozessrecht ist diesmal nur für die Referendare von Interesse.
I. Materielles Recht
BGH, Urt. v. 13.12.2013 – V ZR 58/13 (zu § 935 Abs. 1 BGB) – TOP-TIPP:
Eine bewegliche Sache kommt dem mitbesitzenden Eigentümer nicht im Sinne von § 935 Abs. 1 BGB abhanden, wenn er selbst den unmittelbaren Besitz ohne Willen des eigentumslosen Mitbesitzers freiwillig aufgibt.
Anmerkung: Es geht um die Übereignung eines Kfz. Unbedingt lesen!
BGH, Urt. v. 8.1.2014 – VIII ZR 210/13 (zu § 553 BGB):
Erteilt der Vermieter dem Mieter eine Erlaubnis zur Untervermietung, so kann dieser ohne besondere Anhaltspunkte nicht davon ausgehen, dass die Erlaubnis eine tageweise Vermietung an Touristen umfasst.
BGH, Urt. v. 18.12.2013 – XII ZR 80/12 (zu § 536 Abs. 1 S. 1 BGB):
Dass eine dem vertragsgemäßen Zustand der Mietsache entsprechende Heizungs- und Belüftungsanlage hohe Energiekosten verursacht, ist bei der Beurteilung, ob ein Mangel der Mietsache vorliegt, nicht von Bedeutung, wenn die Anlage dem bei der Errichtung des Gebäudes maßgeblichen technischen Standard entspricht und fehlerfrei arbeitet.
BGH, Urt. v. 17.12.2013 – VI ZR 211/12 (zu § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Artt. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG):
Eine Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine Internetveröffentlichung ist nicht generell höher oder niedriger zu bemessen als eine Entschädigung wegen eines Artikels in den Print-Medien.
Die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann demjenigen, der persönlichkeitsrechtsverletzende eigene Inhalte im Internet zum Abruf bereithält, auch insoweit zuzurechnen sein, als sie erst durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags durch Dritte im Internet entstanden ist.
BGH, Urt. v. 8.1.2014 – VIII ZR 63/13 (zu §§ 145, 157 BGB):
Der Erklärungsinhalt eines im Rahmen einer Internetauktion abgegebenen Verkaufsangebots ist unter Berücksichtigung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmens zu bestimmen, das auf seiner Internetplattform das Forum für die Auktion bietet. Kommt nach diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Falle der Rücknahme des Angebots ein Kaufvertrag mit dem zu dieser Zeit Höchstbietenden nicht zustande, sofern der Anbietende gesetzlich dazu berechtigt war, sein Angebot zurückzuziehen, ist dies aus der Sicht der an der Internetauktion teilnehmenden Bieter dahin zu verstehen, dass das Angebot des Verkäufers unter dem Vorbehalt einer berechtigten Angebotsrücknahme steht.
II. Prozessrecht
BGH, Beschl. v. 18.12.2013 – III ZR 122/13 (zu § 233 ZPO):
Hat eine Partei zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und entsprechend mandatiert, so kommt im Falle einer späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts beziehungsweise eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat.
Dass die Beendigung des Mandats nicht auf ein Verschulden der Partei zurückzuführen ist, hat diese darzulegen.
Zum fünftgenannten Urteil: wenn sich jemand gegenüber einem Internetportal nach dessen AGB zur Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten verpflichtet, so betrifft dies doch zunächst nur allein schuldrechtlich das Verhältnis zum Internetportal. Daraus zwingend eine vom Empfängerhorizont irrtumsfreie Verbindlichkeit gegenüber dem Dritten mittels des Internetportales folgern zu wollen, erscheint eben nicht ganz unfragwürdig.
Zunächst vielen Dank für die Rechtsprechungsübersicht.
Ich hätte eine Frage zu VIII ZR 63/13:
Wäre es völlig unvertretbar noch §242 anzusprechen? Ich finde nämlich, dass der Irrtum eigentlich zu Lasten Endes Käufers geht, da die Sache eben nicht die verkehrswesentliche Eigenschaft aufweist. Kann der Käufer nicht dann selbst entscheiden, ob er an dem Vertrag festhalten will. Vielleicht kam es ihm auf die fehlende Zulassung im Straßenverkehr beim Kauf gar nicht an. Oder ist dem Verkäufer die Möglichekeit des Auktionsabbruchs wegen eines Irrtums einzuräumen damit er sich nicht schadensersatzpflichtig macht (falls der Käufer doch kein Interesse hat) oder der Käufer den Kaufpreis mindern möchte.
Naja, meine Frage war ja eigentlich nur sollte man so was in einer Klausur überhaupt ansprechen?:-)
Vielen Dank im Voraus
An welcher Stelle bzw. mit welchem Ziel soll § 242 BGB denn geprüft werden?
§ 242 BGB wäre als Einrede denkbar, um dem Verkäufer die Anfechtung (unterstellt, die Anfechtung war möglich) zu nehmen. Dann wäre der Kaufvertrag wirksam und der Käufer hätte letztlich das, was er erstrebt.
Eine solche Einrede kommt aber nur in Betracht, wenn gerade derjenige, der von seinem Recht Gebrauch macht, sich in irgendeiner Weise treuwidrig verhält (z.B. durch selbstwidersprüchliches Verhalten). Das wäre hier der Verkäufer.
Deine Argumentation stellt hingegen allein auf das Leistungsinteresse des Käufers ab. Dieses wird aber über die Anfechtungsregeln schon berücksichtigt: Der Verkäufer kann nicht wegen jedes Motivirrtums anfechten, sondern nur nach Maßgabe der §§ 119 ff. BGB. Wenn das Gesetz dem Verkäufer (ausnahmsweise!) das Recht einräumt, sich von seiner Willenserklärung zu lösen, muss der Käufer das hinnehmen – auch wenn es ihm Nachteile bringt.
Deshalb würde ich in einer Klausur nicht auf § 242 BGB eingehen.
Ok vielen Dank.