BGH: Rechtsprechungsübersicht in Zivilsachen
In den letzten Wochen hat der BGH eine ganze Reihe examensverdächtiger Urteile veröffentlicht. Einige hier nicht aufgelistete Entscheidungen liegen bislang nur als Pressemitteilung vor (insbesondere VIII ZR 374/11 [Nachbesserung bei Neuwagenkauf] und VIII ZR 152/12 [Verkehrslärm und Mietminderung]). Der heißeste Anwärter stammt diesmal aus dem Sachenrecht:
I. Materielles Recht
BGH, Urt. v. 19.10.2012 – V ZR 263/11 (zu §§ 94 Abs. 2, 912 Abs. 1 BGB) – TOP-TIPP:
a) Ein Öltank ist auch dann wesentlicher Bestandteil eines Wohnhauses, dessen Beheizung er dient, wenn er nicht in das Gebäude, sondern in das Erdreich eingebracht worden ist.
b) Auf einen solchen Tank finden die Regelungen der §§ 912 ff. BGB über den Überbau weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung.
BGH, Urt. v. 21.12.2012 – V ZR 221/11:
Leitsatz 1 (zu §§ 1090 Abs. 1, 1018 BGB)
Eine als Wohnungsbesetzungsrecht eingetragene beschränkte persönliche Dienstbarkeit ist als dingliches Recht auch dann wirksam, wenn mit ihr auf den Eigentümer des belasteten Grundstücks Druck zum Abschluss eines bestimmten Vertrags ausgeübt wird (Fortführung von Senat, Urteil vom 3. Mai 1985 – V ZR 55/84, NJW 1985, 2474, 2475).
Leitsatz 2 (zu §§ 1027, 242 BGB)
Die Ausübung des Unterlassungsanspruchs aus einer Dienstbarkeit stellt sich jedoch als eine mit dem Gebot von Treu und Glauben unvereinbare unzulässige Rechtsausübung dar, wenn der Berechtigte seine dingliche Rechtsstellung zur Durchsetzung inhaltlich unzulässiger Vereinbarungen nutzt.BGH, Beschl. v. 15.11.2012 – V ZB 99/12 (zu § 883 BGB):Eine Vormerkung, die einen Anspruch auf Verschaffung eines Miteigentumsanteils an einem im Alleineigentum stehenden Grundstück sichern soll, kann nur an dem Grundstück und nicht an dem erst noch zu schaffenden Miteigentumsanteil bestellt werden.
BGH, Urt. v. 9.11.2012 – V ZR 182/11:
Leitsatz 1 (zu §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB):
a) Bei einem Grundstückskaufvertrag haftet auch die vollmachtlos vertretene Vertragspartei nicht schon dann auf Ersatz der vergeblichen Vertragskosten, wenn sie die als sicher erscheinende Genehmigung ohne triftigen Grund verweigert, sondern nur, wenn eine besonders schwerwiegende, in der Regel vorsätzliche Treue-pflichtverletzung vorliegt, etwa das Vorspiegeln einer tatsächlich nicht vorhandenen Genehmigungsbereitschaft.
b) Ist der Vertrag aufschiebend bedingt, haftet die Vertragspartei auch bei einer besonders schwerwiegenden Treuepflichtverletzung auf Ersatz der vergeblichen Vertragskosten nur, wenn anzunehmen ist, dass die Bedingung bei Erteilung der Genehmigung eingetreten wäre.
Leitsatz 2 (zu § 448 Abs. 2 BGB):
Die gesetzliche Kostenregelung in § 448 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass der Kaufvertrag wirksam wird.
BGH, Urt. v. 30.11.2012 – V ZR 25/12 (zu § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB):
Ein zu Wohnzwecken genutztes Grundstück ist mit einem Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB behaftet, wenn es von Grundwasser durchströmt wird, das mit Giftstoffen (Cyanide) belastet ist.
BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 96/12 (zu §§ 269, 275, 323, 326, 434, 437, 440 BGB):
a) Ein taugliches Nacherfüllungsverlangen muss auch die Bereitschaft des Käufers umfassen, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängel-rügen für eine entsprechende Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Der Verkäufer ist deshalb nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm am Erfüllungsort der Nacherfüllung die Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung gegeben hat (Bestätigung von BGH, NJW 2010, 1448, und BGHZ 189, 196).
b) Das Rücktrittsrecht des Gläubigers nach § 326 Abs. 5 BGB besteht im Falle so genannter wirtschaftlicher Unmöglichkeit nur und erst dann, wenn der Schuldner gemäß § 275 Abs. 2 BGB von seinem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat.
II. Prozessrecht
BGH, Urt. v. 18.12.2012 – VI ZR 55/12 (zu § 406 StPO) – nur für Referendare:
Eine im Adhäsionsverfahren auf Antrag des Verletzten (Geschädigten) gegen den Beschuldigten (Schädiger) ergehende Entscheidung entfaltet weder Rechtskraft gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Schädigers noch bindet es das in einem Folgeprozess zur Entscheidung berufene Gericht.
BGH, Urt. v. 9.1.2013 – VIII ZR 94/12 (zu § 253 ZPO):
Zur Zulässigkeit einer „Saldoklage“, mit der Mietrückstände aus einem mehrere Jahre umfassenden Zeitraum geltend gemacht werden.
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