BGH: Neues zur Schwarzarbeit – Kein Rückzahlungsanspruch bei mangelhafter Werkleistung
Der BGH hat mit Urteil vom 11.06.2015 – VII ZR 216/14 seine Rechtsprechung zu Rückzahlungsansprüchen bei mangelhafter Werkleistung aus Schwarzarbeit korrigiert – eine Entscheidung, die jedem Examenskandidaten bekannt sein sollte. Darüber hinaus empfehlen wir unseren Grundlagenbeitrag, freilich unter Berücksichtigung der neuen Entscheidungen des BGH zur Schwarzarbeit (BGH v. 01.08.2013 – VII ZR 6/13 und vom 10.04.2014 – VII ZR 241/13).
I. Sachverhalt (der Pressemitteilung entnommen)
Der Kläger beauftragte den Beklagten 2007 mit der Ausführung von Dachausbauarbeiten. Vereinbart wurde ein Werklohn von 10.000 Euro ohne Umsatzsteuer. Der Beklagte führte die Arbeiten aus und stellte eine Rechnung ohne Steuerausweis. Der Kläger zahlte den geforderten Betrag. Mit der Klage begehrt er jetzt Rückzahlung von 8.300 Euro wegen Mängeln der Werkleistung.
II. Lösung des BGH
Der BGH lehnte einen solchen Rückzahlungsanspruch ab. Zwar kann ein Besteller, der aufgrund eines nichtigen Vertrags Leistungen erbracht hat, von dem Unternehmer grundsätzlich die Herausgabe dieser Leistungen verlangen (§ 812 Abs. 1 S. 1 F. 1 BGB). Doch steht diesem Rückzahlungsanspruch § 817 S. 2 BGB entgegen:
Dies gelte jedoch gem. § 817 Satz 2 BGB nicht, wenn der Besteller mit seiner Leistung gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen habe. Das sei hier der Fall. Entsprechend der Zielsetzung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes, die Schwarzarbeit zu verhindern, verstoße nicht nur die vertragliche Vereinbarung der Parteien gegen ein gesetzliches Verbot, sondern auch die in Ausführung dieser Vereinbarung erfolgende Leistung, somit auch die Zahlung.
Damit verstößt der Besteller durch Zahlung des Werklohnes gegen das gesetzliche Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG. Der Anwendung des § 817 S. 2 BGB steht auch nicht – anders als nach bisheriger Rechtsprechung ((BGH, Urt. v. 31.05.1990 – VII ZR 336/89) – das Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegen:
Die Durchsetzung der vom Gesetzgeber mit dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verfolgten Ziele, die Schwarzarbeit effektiv einzudämmen, erfordere eine strikte Anwendung dieser Vorschrift.
III. Einordnung: Schwarzarbeiterfälle streng nach Gesetz lösen!
Der BGH verfolgt mit dieser Entscheidung konsequent seinen Rechtsprechungswandel, den man mit einfachen Worten zusammenfassen kann: Strikte Anwendung des Bereicherungsrechtes. Die bisherige Lösung des BGH über § 242 BGB zu einzelfallgerechten Ergebnissen zu kommen, war lange umstritten, da hiermit letztlich die eindeutigen Wertungen des Bereicherungsrechtes durch die Hintertür umgangen wurde (s. zur alten Rechtslage unseren Beitrag). Nunmehr findet auch hinsichtlich etwaiger Mängelansprüche des Bestellers oder Zahlungsansprüche des Werkunternehmers allein das Bereicherungsrecht Anwendung, es erfolgt keine Korrektur mehr über § 242 BGB. In der Klausur sollte diese Möglichkeit der Korrektur dennoch thematisiert werden, mit dem Argument der Bekämpfung von Schwarzarbeit im Ergebnis aber abgelehnt werden.
Das Risiko von Schwarzarbeit hat sich durch die Entscheidungen des BGH deutlich erhöht. Im Zweifel wird nicht mehr wie im Ergebnis bisher über das Bereicherungsrecht abgewickelt als ob ein wirksamer Vertrag vorläge – also unter Berücksichtung der Parteiinteressen. Vielmehr trägt jede Partei der Schwarzarbeitsabrede ihr spezifisches Risiko: Der Besteller für die Herstellung des Werkes bzw. Mängel, der Werkunternehmer für den Erhalt des Lohnes. Die Parteien müssen also fürchten bei Hingabe ihrer Leistung die Gegenleistung nicht zu erhalten. Hierdurch soll eine abschreckende Wirkung erzielt werden und so dem Zweck des SchwarArbG gedient werden: Steuer- und Sozialabgabenhinterziehung, die letztlich auf Kosten der Allgemeinheit gehen, die wirtschaftliche Grundlage entziehen und so für einen fairen Wettbewerb auf dem Markt sorgen.
Wie verhielte es sich gemäß BGH mit GoA?
Laut st. Rspr. des BGH, die auch weiterhin Bestand hat, darf der Werkunternehmer im Rahmen der GoA die Geschäftsführung nicht für „erforderlich“ halten, so dass ein Anspruch ausscheidet. Die h.L. lehnt hingegen schon den Fremdgeschäftsführungswillen ab. Jedenfalls keine Ansprüche aus GoA, da andernfalls die besonderen Wertungen des § 817 S. 2 BGB umgangen würden.
S. hierzu https://red.ab7.dev/schwarzarbeit/
Der Hinweis des Merkmales des Für-Erforderlich-Haltens nach der BGH-Rspr. zusammen mit dem Link auf den anderen Juraexamen-Beitrag scheint auf das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit im Rahmen eines GoA-/Auftrags-Aufwendungsersatzanspruches hinzudeuten.
Aus GoA können sich allerdings etwa zudem noch andere Anspruchsgrundlagen ohne Erforderlichkeitsmerkmal ergeben.
Die Rechtslage scheint hier nicht zuletzt mit Blick auf GoA recht undeutlich, nur dass man mit durchaus eher ungewisser Begründung GoA oft ganz klar ausschließen möchten.
aus Sicht eines Studenten gefragt: ist es auch nicht rein dogmatisch falsch eine (echte, berechtigte) GoA anzunehmen um dann im Bereicherungsrecht von einer Rechtsgrundlosigkeit auszugehen?
Eine GoA würde ich schon mangels Fremdgeschäftsführingswillen ablehnen. Schließlich erfüllt der Werkunternehmer wegen einer (vermeintlich) eigenen Verbindlichkeit!
Die Frage hat zwar nicht konkret mit dem Schwarzarbeiterfall zu tun, dennoch interessiert mich die Meinung kundiger Mitjuristen zu folgendem fiktiven Sachverhalt: A bestellt bei B für sein Haus eine Heizungsanlage, die B herstellen zu A liefern und dort einbauen soll. Die ausgestellte Rechnung enthält keine Steuernummer, so dass der Vertrag gem. §134 BGB nichtig ist.
Frage 1: Hat A Eigentum an den gelieferten Sachen erhalten? Konkret geht es mir darum, ob die grundsätzlich wertneutrale Einigungserklärung ebenfalls wegen §134 BGB nichtig ist.
Frage 2: Hat A Eigentum an der Heizungsanlage gem. §946 BGB erhalten, wenn es mit dem Haus verbunden wird?
Der BGH nimmt mit seinem Schwarzarbeiterfall nur Wertungen für die schuldrechtliche Seite vor.
Bei Frage 2 würde ich einen Eigenentumserwerb grundsätzlich bejahen und dem B auch keinen Anspruch über §951 BGB gewähren. (scheitert mMn an §817 (2) BGB.
Bei Frage 1 hingegen bin ich mir nicht sicher. Ich sehe nämlich folgende Möglichkeit, warum auch die dingliche Einigungserklärung unwirksam sein könnte: In den Fällen der Globalzession nimmt der BGH nämlich an, dass die grds. wertneutrale Einigungserklärung wegen anfänglicher Übersicherung der Sicherheitsabrede, die jedoch nur schuldrechtlicher Natur ist, auch gem. §138 I BGB nichtig sein könnte. Übertragen auf unseren Fall hieße das, dass A mit Lieferung, aber vor Einbau noch kein Eigentum erwerben würde, so dass dem B zumindest ein Anspruch aus §985 BGB zusteht?
Ich bin gespannt auf eure Ideen. Vielen Dank, Mo
Mir erschließt sich nicht, warum eine Rechnung „ohne Steuernummer“ zur Nichtigkeit des Vertrages gem. § 134 BGB führen soll. Aber wollen wir erstmal annehmen, dass der Vertrag gemäß § 134 nichtig ist, dann müsste der § 134 auch auf das dingliche Rechtsgeschäft durchschlagen (Wortlaut § 134 „Ein Rechtsgeschäft…“). Daher ist deine Annahme, dass A mit Lieferung, aber vor Einbau noch kein Eigentum nach § 929 S.1 erworben hat, richtig, so dass dem B vor Einbau ein Anspruch aus § 985 BGB zusteht. Frage 2 hast du auch richtig beantwortet. VG Abu