BGH: Keine unbenannten Zuwendungen bei Geschenken der Schwiegereltern
Unbenannte Zuwendungen zwischen Ehegatten
Schenkungen zwischen Ehegatten werden regelmäßig als sog. unbenannte Zuwendungen behandelt. Solche Zuwendungen kennzeichnen sich dadurch, dass sie der Aufrechterhaltung des ehelichen Zusammenlebens dienen. Bei unbenannten Zuwendungen ist das Schenkungsrecht, insb. die Rückforderungsansprüche nach §§ 528 ff. BGB nicht anwendbar; es handelt sich um ein familienrechtliches Rechtsverhältnis eigener Art.
Eine unbenannte Zuwendung wird allein geleistet, um die eheliche Lebensgemeinschaft zu verwirklichen. Werden dagegen weitere Zwecke verfolgt, beispielsweise die Schaffung gemeinschaftlicher Vermögenswerte, handelt es sich nicht um eine solche Zuwendung.
Sofern die Ehe scheitern sollte, kann eine Rückforderung nur unter den strengen Anforderungen von § 313 BGB erfolgen (Störung der Geschäftsgrundlage eines familienrechtlichen Vertrag sui generis). Meist wird eine Rückforderung hier aber am normativen Element (Zumutbarkeit) scheitern, da eine Rückabwicklung in Ehesachen über die differenzierten Regeln des Zugewinnausgleichs gelöst werden sollen. Nur im Ausnahmefall einer groben Unbilligkeit ist unabhängig vom Zugewinnausgleich eine Rückforderung möglich.
Zuwendungen der Schwiegereltern
Nach bisheriger Rechtsprechung des BGH wurden Zuwendungen der Schwiegereltern ebenso wie unbenannte Zuwendungen unter Ehegatten behandelt. Der BGH hat mit Urteil vom 03.02.2010 (Az.: XII ZR 189/06) seine bisherige Rechtsprechung hierzu geändert.
Solch eine Zuwendung sei nunmehr als Schenkung und nicht mehr als ein den unbenannten Zuwendungen unter Ehegatten vergleichbares Rechtsverhältnis eigener Art zu qualifizieren. Entsprechend den obigen Erörterungen konnten die Schwiegereltern nach der damaligen Rechtsprechung ihre Zuwendungen an das Ehepaar grundsätzlich nicht nach §§ 346 I, 313 III BGB zurückfordern, wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebten.
Der BGH löste den Fall im Rahmen des Schenkungsrechts allerdings nicht über §§ 528 ff. BGB, sondern auch über die Störung der Geschäftsgrundlage. Die Geschäftsgrundlage solcher Schenkungen besteht regelmäßig darin, dass die eheliche Lebensgemeinschaft zwischen Kind und Schwiegerkind fortbesteht und das eigene Kind somit in den fortdauernden Genuss der Schenkung kommt. Mit dem Scheitern der Ehe entfällt diese Geschäftsgrundlage, so dass im Wege der richterlichen Vertragsanpassung die Möglichkeit einer (je nach Einzelfall zumindest partiellen) Rückabwicklung eröffnet ist.
Die Rückabwicklung der Schenkung hat nach dem BGH im Gegensatz zu unbenannten Zuwendungen grundsätzlich unabhängig von güterrechtlichen Erwägungen zu erfolgen. Man kann hier also nicht wie bei unbenannten Zuwendungen im Rahmen des normativen Elements mit dem Zugewinnausgleich als vorrangiger Bestimmung argumentieren.
Der BGH weist allerdings darauf hin, dass regelmäßig nur eine teilweise Rückzahlung in Betracht kommt, wenn das eigene Kind einen längeren Zeitraum in den Genuss der Schenkung gekommen ist. Wenn die Eltern dies vermeiden und den gesamten geschenkten Wert nur dem eigenen Kind zukommen lassen wollen, müssten sie ihr Kind direkt beschenken.
Die Lösung des BGH überzeugt. Die Intention einer Schenkung der Schwiegereltern erfolgt regelmäßig nicht, um das eheliche Zusammenleben zu fördern, sondern um ihrem Kind eine monetäre Förderung zukommen zu lassen. Aufgrund der Einschränkungen in Bezug auf die Höhe des Anspruchs ergibt sich nach dem BGH aber in der Regel keine komplette Rückabwicklung der Schenkung i.S.v. §§ 346 I, 313 III. Es besteht ein Anspruch auf Vertragsanpassung der Schenkung nach § 313 I. Die überbezahlte Leistung kann in diesem Fall m.E. nach § 812 I 2 Alt. 1 BGB zurückgefordert werden (späterer Wegfall des rechtlichen Grundes durch die Vertragsanpassung).
Examensrelevanz
Diese Problematik ist unwahrscheinlich examensrelevant. Das neue Urteil des BGH muss man kennen. Wenn eine solche Konstellation abgefragt wird, kann man ohne Kenntnis der Rechtsprechung kaum einen Blumentopf gewinnen.
es ist früh am morgen; christoph hab ichs richtig verstanden?
früher: Wie Zuwendungen unter Ehegatten: Rückabwicklung über Zugewinnausgleich.
Geschäftsgrundlage: Dem eigenen Kind einen Vermögenswert zu zubilligen; nicht die Förderung der Gemeinschaft als solche.
Hypothetisches Element: Hätten quantitativ weniger geleistet; nur bis zu dem Zeitpunkt in dem auch das eigene Kind partizipiert.
Normativ: Wegfall der GG (Partizipationsmöglichkeit) kommt nicht aus der Sphäre der Schwiegereltern.
aus Sicht der Schwiegereltern: §§ 313 I, 516 Anspruch auf Anpassung des Vertrages
&
Rückforderung § 812 I s. 2 1.alt
Soweit ich deinen Ausführungen folgen kann, ist alles richtig, was du sagst.
Beim normativen Element muss man halt darauf abstellen, dass es sich gerade nicht mehr um unbenannte Zuwendungen handelt, sondern um eine normale Schenkung. Bei einer normalen Schenkung gelten die allgemeinen Grundsätze der Risikoverteilung, wohingegen bei unbenannten Zuwendungen eine Rückabwicklung regelmäßig unzulässig ist, da dies primär über die Regeln des Zugewinnausgleichs erfolgen soll.
allet palletti :O)
Also wenn ich nun eine Klausur habe, in der es nur um die Rückforderung der Schwiegereltern geht und nicht bereits vorher eine anderweitige Schenkung zwischen den Ehegatten rückabgewickelt werden sollte, also wenn ich auf das ganze Problem mit den unbeannten Zuwendungen noch überhaupt nicht eingehen konnte…
Dann muss ich die Problematik komplett im normativen Elemtent des Anspruchs der Eltern aus § 313 I, 516 BGB ansprechen?
Und dann noch zu dem Anspruch aus § 812 I 2 Alt. 1: die Höhe des Anspruchs wäre dann: der komplette Schenkungsbetrag minus die Nutzung, die dem eigenen Kind zugute gekommen ist?
Ich nochmal 😉 Irgendwie bereitet mir der Fall gerade total Schwierigkeiten… also ich frage mich wie ich das in der Klausur denn genau zu lösen habe. Würde man zuerst
I. §§ 529, 530 prüfen
und diesen dann verneinen, weil kein grober Undank vorliegt?
II. 812 I 2 Alt. 2 prüfen
hier thematisieren, dass eventuell die familienrechtl. Spezialvorschriften und der Grundsatz der unbenannten Zuwendungen gelten könnte… das dann ablehnen, wegen der Rspr-änderung des BGH
aber wie und wo bringe ich § 313 III, 346 unter??
Ich schließe mich Susa an, bin ebenfalls etwas verwirrt…
Wie prüfe ich § 313, insbesondere die Rechtsfolge…
HELP!!!
Angenommen man folgt der Lösung einer nur teilweisen Rückforderung (wie im Artikel beschrieben), ergäbe sich der Anspruch aus § 812 I 2 Alt. 1 BGB. Bei dem Prüfungspunkt „rechtlicher Grund“ müsste man diskutieren, ob der Rechtsgrund in einem familienrechtlichen Sonderverhältnis oder etwa einer Schenkung (so der BGH) liegt.
Beim Prüfungspunkt „späterer Wegfall des rechtlichen Grundes“ müsste man dann auf die Voraussetzungen des § 313 BGB eingehen und entsprechende Diskussionen wie im obigen Beitrag beim normativen Element bringen.
Vor dem Anspruch aus § 812 BGB könnte man wie von Susa angesprochen den Anspruch aus §§ 529, 530 BGB ansprechen und verneinen.
Um den Anspruch aus §§ 346 I, 313 III BGB noch elegant unter zu bringen, bietet es sich an, diesen bereits vor § 812 BGB zu erörtern und quasi am Ende der Prüfung des normativen Elements darauf hinweisen, dass keine vollumfängliche Rückabwicklung erfolgt, sondern eben nur eine teilweise (sodann spart man sich bei § 812 BGB wesentliche Teile der Diskussion). Alternativ und genauso vertretbar ist es im Übrigen gangbar, den Anspruch aus §§ 346 I, 313 III BGB erst nach § 812 BGB anzusprechen und lediglich auf die obigen Erörterungen zu verweisen, so dass der Anspruch recht zügig verneint werden kann.
Anzumerken ist an dieser Stelle noch, dass eine Vielzahl an Aufbauten für diese Problematik vertretbar ist. Solange die Erwägungen des BGH auch nur teilweise akkurat in die Lösung einfließen, dürfte sich das Ergebnis im Regelfall deutlich von den meisten Bearbeitern abheben, die die Rechtsprechung gar nicht kennen.