Abschaffung der Wehrpflicht nun durch Bundesrat besiegelt
Kürzlich hat nun auch der Bundesrat der Abschaffung – oder korrekter ausgedrückt „der Aussetzung“ – der Wehrpflicht zugestimmt. Die Bundeswehr wird damit ab Juli 2011 zu einer Freiwilligenarmee. Dies soll Anlass genug sein, sich mit rechtlichen Problemen rund um die Reform zu beschäftigen. In der mündlichen Prüfung könnten etwa Fragen zur Verortung der Wehrpflicht im Grundgesetz oder der Problematik der Wehrgerechtigkeit auftauchen.
Aussetzung und keine Abschaffung
Die Reform der Bundeswehr wurde juristisch trickreich durchgeführt, ohne dass eine Änderung des Grundgesetzes notwendig wurde. Die Wehrpflicht wurde nicht endgültig abgeschafft, sondern nur ausgesetzt.
Ein solches Vorgehen ist verfassungskonform, denn Art. 12a GG sieht lediglich vor, dass Männer vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden können. Eine Einführung der Wehrpflicht ist also vom GG nur erlaubt, nicht aber geboten.
Die neue Regelung hat auch einen praktischen Vorteil im Hinblick auf eventuelle kurzfristige Wiedereinführungen einer Wehrpflicht. Durch das Beibehalten des Art. 12a GG ist eine Wiedereinführung der Wehrpflicht wiederum durch ein einfaches Gesetz möglich, es bedarf also nicht einer qualifizierten Mehrheit wie sie für ein verfassungsänderndes Gesetz erforderlich ist (s. Art. Art. 79 Abs. 2 GG: 2/3-Mehrheit in BT und BR).
Art. 12a GG als Verfassungswidriges Verfassungsrecht
Die Reform der Wehrpflicht könnte auch zum Anlass genommen werden, allgemeine Fragen rund um die Wehrpflicht zu stellen. Zu denken ist hier etwa an die Problematik, ob Art. 12a GG „verfassungwidriges Verfassungsrecht“ darstellt. Dies sind Vorschriften im Grundgesetz, die gegen die im Rahmen der Ewigkeitsgarantie (Art. 79 Abs. 3 GG) normierten Grundsätze verstoßen.
Es ist zumindest nicht unvertretbar, im Hinblick auf Art. 1, 3 und 12 Abs. 2 und Abs. 3 GG die Wehrpflicht als verfassungswidriges Verfassungsrecht einzuordnen. Überzeugender dürfte allerdings sein, im Verhältnis zu Art. 3 Abs. 2 und 12 Abs. 2 und 3 GG von Spezialität auszugehen und bei Art. 1 GG (Verstoß gegen Verbot der Zwangsarbeit als Teil der Menschenwürdegarantie) eine Verletzung der Menschenwürde abzulehnen, s. hierzu BVerfGE 12, 45, 52 f.; 48, 127, 161, 165.
Geschichtlicher Hintergrund der Wehrpflicht
Für die mündliche Prüfung auch immer interessant sind rechtsgeschichtliche Aspekte rund um das Grundgesetz und dessen Evolution. In Bezug auf die hier dargestellte Problematik sollte man insbesondere mit den folgenden Fakten vertraut sein:
Die Bundeswehr wurde ab dem 12. November 1955 aufgestellt und die allgemeine Wehrpflicht mit dem Inkrafttreten des Wehrpflichtgesetzes (WPflG) vom 21. Juli 1956 eingeführt. Die Wiederbewaffnung Westdeutschlands war kontrovers, letztlich aber angesichts des sich abzeichnenden kalten Krieges und der Bedrohung durch die UdSSR wohl unvermeidlich. 1968 wurde dann Art. 12a GG im Grundgesetz neu eingefügt.
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