Zivilrecht ZIII – November 2015 – 1. Staatsexamen NRW
Vielen Dank an Frank für das Zusenden eines Gedächtnisprotokolls der dritten gelaufenen Klausur im Zivilrecht des 1. Staatsexamens in NRW im November 2015. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
Die Bauern A und B leben beide im dünn besiedeltem Sauerland. Der Bauer A hat eine trächtige Kuh namens Rita, die bei ihm auf seiner Weide grast. Als im Oktober 2014 der A zu Dreharbeiten für eine TV – Produktion außer Hause ist, fährt B zum Bauernhof des A und nimmt dessen Kuh Rita mit. Er hat vor, die Kuh Rita bei einem berühmten Viehmarkt in der Nähe an Dritte zu veräußern. Als er jedoch zum Markt möchte, trifft er dort die Bäuerin X. In die Bäuerin X ist B schon lange verliebt. Als die beide ins Gespräch kommen, möchte B der X die Kuh Rita als Zeichen der Anerkennung schenken.
B, die davon ausgeht, dass B der Eigentümer ist, hat von B auch schon in der Vergangenheit häufiger Geschenke erhalten. So nimmt sie die Kuh Rita dankend an und geht mit ihr nach Hause.
Im Dezember 2014 erkrankt schließlich die Kuh Rita an einen behandlungsbedürftigen – aber für Kühe im Winter üblichen – Infekt. Daher bestellt die X den Tierarzt T, der die Rita medizinisch versorgt. Die Therapie ist erfolgreich und Rita wird wieder fit. Allerdings fallen dafür Behandlungskosten in Höhe von 100€ an.
Kurz darauf findet die Geburt statt und Cheyenne kommt zur Welt.
Im Februar 2015 trifft Bäuerin X auf ihren Halbbruder Z. (Aus irgendwelchen Gründen) schenkt die Bäuerin X dem Z die Kuh Rita und das Kalb Cheyenne. Dieser weiß von der ganzen Vorgeschichte nichts.
Als der A schließlich herausfindet, was mit seiner Kuh Rita passiert ist, fährt er zum Z.
Er fordert von ihm die Herausgabe der Kuh Rita. Zudem möchte er auch die Kuh Cheyenne zurückhaben. Z könne kein Anspruch auf Cheyenne haben, da sie zum einen auch von den beiden gestohlen worden sei und zudem beide die Kuh Rita jeweils unentgeltlich erhalten haben.
Z entgegnet, dass er die Kühe von seiner Schwester erhalten haben und nichts von alledem wusste. Selbst wenn er jedoch etwas herausgeben möchte, will er die 100€ Behandlungskosten, die seine Halbschwester X bezahlt habe, vom A zurückerhalten.
Frage 1:
Hat A einen durchsetzbaren Anspruch auf Herausgabe der Kuh Rita gegen Z?
Hat A einen durchsetzbaren Anspruch auf Herausgabe des Kalbes Cheyenne gegen Z?
Teil 2:
A möchte nun wenigstens die Kuh Rita zurückbekommen. Immerhin sei die Kuh 7.000€ wert. Daher geht er zu seiner Anwältin, die eine Klage beim örtlich zuständigen Amtsgericht erhebt. Diese wird auch dem Z am 15. Februar 2015 zugestellt. Darin wird auch vom Diebstahl des B berichtet.
Der Z ist jedoch nicht davon überzeugt. Schließlich habe – was auch zutrifft – A in letzter Zeit oft schon über andere Menschen Sachen zu seinem Vorteil verbreitet, die gar nicht zutrafen.
Er will sich daher auch nicht davon ablassen mit der Kuh Rita bei einem bekannten Schönheitswettbewerb für Kühe teilzunehmen.
Am 17. Februar holt er die Kuh Rita aus dem Stall und möchte sie in den Transporter bringen mit dem er anschließend zum Wettbewerb fahren möchte. Sein stets zuverlässiger Mitarbeiter Y ist auch anwesend. Schließlich übergibt Z dem Y die Rita. Y soll Rita zum Transporter führen. Da es jedoch anfängt zu regnen, überkommt Y die Idee nicht den asphaltierten Weg, sondern eine Abkürzung über eine abschüssige Wiese zu nehmen. Auf diesem Weg tritt die Kuh Rita jedoch in ein Loch und fällt unglücklich auf den Kopf und verstirbt. Der Kadaver ist auch unverwertbar.
Am nächsten Tag lässt Z dies alles von seinem Anwalt bei der mündlichen Verhandlung vortragen. Z ist der Meinung, dass er nichts getan habe. Zudem rügt er die sachliche Unzuständigkeit des Gerichtes.
Welche Ansprüche hat A gegenüber Z?
Bearbeitervermerk: Gehen sie davon aus, dass zum Zeitpunkt der Klage der A einen durchsetzbaren Anspruch gegenüber den Z hielt.
Lösungsvorschläge?
EBV, Gutgläubigkeit (Fall 2 Rechtsanghängigkeit), notwendige Verwendungen, Früchte einer Sache (Das Kalb) , typische ,,5000 Euro Problemfrage zum Landgericht“ …Mal ernsthaft, ich verachte und beneide euch NRW’ler dafür, das sage ich ganz offen. Das ist doch kein Examensniveau *grummel*
ja du hast recht, es gab schon schlimmere durchgänge in nrw. auch die öffrechts klausuren waren nach allem was man hier so liest auch echt machbar.
es werden auch wieder anspruchsvollere durchgänge kommen. auch nrw kann nicht in jedem monat höchstleistung bringen.
Na, also so einfach wollen wir es nun nicht machen:
Zum einen ging es hier nicht schlichtweg ohne Probleme um notwendige Verwendungen, sondern es macht der Besitzer im Jetzt-Zeitpunkt den Verwendungsersatz geltend, der eigentlich der F zustand, er selbst hat also die Verwendungen nicht vorgenommen.
Zum anderen hast du zwar mit den Früchten und §§ 953 ff. recht, gleichwohl stellte sich dann auch hier die Frage nach der (analogen) Anwendung des § 935 iR des gesetzlichen Erwerbs nach § 955.
Schließlich geht es bei Aufgabe 1 nicht nur um EBV, sondern insb. das Kondiktionsrecht mit den doch eher selten vorkommenden §§ 816 I 2, 822 spielte hier eine besondere und wichtige Rolle als Korrektur zum Erwerb beweglicher Sachen und der nicht bestehenden Schutzwürdigkeit des unentgeltlichen Erwerbers. Insgesamt war wohl m.E. also Teil 1 „schwieriger“ und „happiger“ für die Bearbeiter als es auf den ersten Blick scheint.