Vielen Dank auch für das Zusenden eines Gedächtnisprotokolls der ersten gelaufenen Klausur im Zivilrecht des 1. Staatsexamens in Niedersachsen im Oktober 2015. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
1. Fall
L ist seit 15 Jahren Angestellter bei der X-GmbH. Er ist 1956 geboren und hat 3 Kinder. Er kauft für diese Metallbleche bei verschiedenen Herstellern ein, welche von der X-GmbH zum Bau von Elektroteilen genutzt werden. Hierfür hat er ein festes Budget zur Verfügung, die Aufträge vergibt er jedoch nach eigenem Ermessen.
Bei einer Innenrevision am 10. September stellt der Geschäftsführer der X-GmbH, der S, fest, dass erstmalig ein Auftrag nicht an den langjährigen Hersteller H, sondern an dessen Mitbewerber, den O vergeben worden ist. Dies überrascht S, dem Kontinuität bei der Auftragsvergabe sehr wichtig ist, denn die Angebote von H und O bewegten sich im gleichen Rahmen. Als kurz darauf die Geschäftsführerin der H bei S anruft und sich beschwert, dass die X-GmbH nun Geschäfte mit den „Yuppies“ der O führt, ist er noch mehr verwundet. Sie lässt S auch einen Zeitungsartikel zukommen, aus welchem sich entnehmen lässt, dass Ermittlungen gegen den Geschäftsführer der O wegen Bestechung (§ 299 II StGB) eingeleitet worden sind. Ob die Ermittlung auch das Geschäft mit der X-GmbH betreffen, lässt sich dem Zeitungsartikel nicht entnehmen.
S stellt daraufhin den L am 13. September zur Rede und konfrontiert ihn mit entsprechenden Vorwürfen. Dieser bestreitet diese vehement und tatsächlich lassen sich diese nicht beweisen. Trotzdem sieht S das Vertrauensverhältnis hin zu L für unwiderbringlich zerrütet an. Da L aber stets ein zuverlässige und guter Mitarbeiter war, bietet er ihm an, den Arbeitsvertrag mittels Aufhebungsvertrag zu beseitigen. Dabei macht er ihm auch klar, dass er ihm, sollte er dem Aufhebungsvertrag nicht zustimmen, fristlos kündigen werde. Sodann übergibt er dem L das im Vorfeld von S ausgearbeitete und von ihm unterschriebene Vertragsdokument. L ist wegen der Vorwürfe geschockt und fürchtet außerdem um seine berufliche Zukunft. Er unterzeichnet daraufhin den Vertrag, welcher ein Ende des Arbeitsverhältnisses zum 30. September bestimmt.
Am 19. September erklärt L gegenüber S den Widerruf des Vertrages. Außerdem will er ihn notfalls anfechten. S will am Vertrag festhalten. Daher erhebt L Klage mit dem Begehren festzustellen, dass der Arbeitsvertrag zwischen ihm und der X-GmbH auch weiterhin besteht.
Frage 1: Ist diese Klage begründet?
2. Fall – Abwandlung von Fall 1
Tatsächlich hat L von O Zahlung in Höhe von 1.400 Euro erhalten, damit er das Geschäft mit dieser abschließt. Das Angebot der O wäre aber auch ohne die Zahlung nicht günstiger ausgefallen.
Frage 2: Hat X einen Anspruch gegen L auf Zahlung wegen des Schmiergeldes?
3. Fall
R ist seit Jahren Hausmeister bei der X-GmbH. Er arbeitet dabei stets zuverlässig und mit größter Sorgfalt. Eines Tages bemerkt er bei einem Betriebsrundgang, dass der betriebsfremde J beim Fußballspielen einen Ball auf das Dach der Gebäude der X geschossen hat. J bietet R an, diesen schnell selbst vom Dach zu holen. R ist einverstanden und hilft J mittels Räuberleiter das Dach zu besteigen. Dabei schätzen J und R die Tragfähigkeit der Dachkonstruktion jedoch fehlerhaft ein, so dass dieses beim Klettern beschädigt wird und ein Sachschaden in Höhe von 10.000 Euro entsteht.
Frage 3: Hat X Ansprüche gegen J aus Zahlung der 10.000 Euro?