Vielen Dank an Thomas für die Zusendung des Gedächtnisprotokolls zu der im August 2013 gelaufenen 1. Klausur im Zivilrecht in NRW. Ergänzungen oder Korrekturanmerkungen sind wie immer gern gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Vorab vielen Dank!
Sachverhalt
Investor I-AG aus Bremen und Bauunternehmer K-GmbH aus Hamburg schließen einen Vertrag über den Bau eines Bürokomplexes in Hamburg zum Preis von 20 Mio €. Neben etlichen technischen Details enthält der für dieses Bauvorhaben speziell aufgesetzte Vertrag folgende Bestimmungen:
(x) Die AGB der I-AG (einzusehen unter www.i-ag.com) werden Vertragsbestandteil
(y) Änderungen des Vertrages bedürfen der Schriftform, dies gilt auch wenn dieses Schriftformerfordernis durch nachträgliche Vereinbarung abbedungen werden soll.
(z) Gerichtsstand für alle Klagen aus diesem Vertragsverhältnis ist Bremen.
Die AGB der I-AG enthalten folgende Bestimmungen:
VIII. Der Vertragspartner verpflichtet sich, bei Überschreitung des vertraglich festgelegten Fertigstellungstermins, für jeden Werktag 0,15% des Werklohns als Vertragsstrafe zu zahlen, bis zu einem Maximum von 10% des Werklohns
XI. Der Vertragspartner verpflichtet sich, der I-AG eine Bankbürgschaft für alle aus dem Vertrag entstehenden Verbindlichkeiten in Höhe von 2 Mio. € zu verschaffen.
Als sich Schwierigkeiten bei der Fertigstellung des Bauvorhabens ergeben, kommen die Parteien erneut zusammen und vereinbaren, dass es besser sei eventuelle Rechtsstreitigkeiten am Ort des Bauvorhabens, also in Hamburg, zu verhandeln. Auf Grund der angespannten Atmosphäre vergessen die Parteien dies schriftlich festzuhalten. Später erhebt die I-AG Klage gegen die K-GmbH am LG Hamburg.
Frage 1: Ist das LG Hamburg örtlich zuständig?
Kurz nach Vertragsschluss beauftragt die K-GmbH ihre Hausbank B der I-AG die Bankbürgschaft zu stellen. Auf Grund eines internen Fehlers der B stellt diese der I-AG eine Bürgschaft auf erstes Anfordern.
Als nach einiger Zeit die Verzögerung der Fertigstellung eintritt und die Vertragsstrafenansprüche auflaufen, verlangt I-AG Zahlung von 2 Mio €.
Die B zahlt zunächst an die I-AG. Dann beruft sie sich jedoch darauf, dass die K-GmbH durch die Vertragsstrafenklausel unangemessen benachteiligt werde. Üblich sei lediglich eine Anspruchshöhe von max. 5% des Werklohnanspruchs. Auf Grund der Unwirksamkeit hafte die K-GmbH gar nicht, jedenfalls nicht für mehr als 5%. Außerdem sei die Bürgschaft auf erstes Anfordern von der I-AG nicht verlangt worden, weshalb die B garnicht in Anspruch genommen werden könnte. Die I-AG verweigert die Rückerstattung.
Frage 2: Hat die B gegen die I-AG einen Anspruch auf Rückzahlung?
Fallabwandlung:
Als die K-GmbH von B die Stellung einer Bankbürgschaft verlangt, überredet B sie dazu stattdessen eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu bestellen, da diese für B weniger Aufwand und keine Prüfpflichten beinhaltet. Eine weitere Aufklärung findet nicht statt.
Wieder zahlt die B an die I-AG. Bevor sie ihr Geld zurückfordern kann wird über das Vermögen der I-AG das Insolvenzverfahren eröffnet. Da eine Zahlung der I-AG nicht mehr zu erwartet ist, möchte die B sich an die K-GmbH wenden.
Die K-GmbH bestreitet einen Anspruch der B, sie sei mit dem Institut der Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht vertraut gewesen, da sie – was B auch wusste – eine solche Bürgschaft noch nie angewendet habe. Sie habe geglaubt, dass lediglich die B sich gegenüber der I-AG stärker verpflichten würde. Dass ihr im Vergleich zur normalen Bürgschaft Rechte verloren gehen habe sie nicht gewusst. Im Übrigen macht sie sich die Einlassungen der B aus Frage 2 zu eigen. Die B erwidert darauf, dass man von einem Bauunternehmen wie der K-GmbH Kenntnisse über die Bürgschaft auf erstes Anfordern erwarten könne, da dies im Baugewerbe ein gebräuchliches Rechtsinstitut sei.
Frage 3: Hat die B Ansprüche gegen die K-GmbH auf Erstattung?
Bearbeiterhinweis: VOB ist nicht zu prüfen
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