Verfassungsrichter Huber fordert Volksabstimmung als Legitimation für weitreichende EU-Harmonisierungen
Wie der Spiegel berichtet, hat sich Verfassungsrichter Peter Michael Huber zur Euro-Schuldenkrise geäußert.
Verfassungsrichter Huber warnt nun in der „SZ“ vor einer mangelnden Legitimation dieser Wirtschaftsregierung. Durch das Urteil zum Vertrag von Lissabon von 2009 seien die Grundsätze des Grundgesetzes durch dessen „Ewigkeitsgarantie“ geschützt und damit „europafest“. Das gelte auch für zentrale wirtschaftspolitische Zuständigkeiten wie die Sozialversicherungssysteme und die Besteuerung. Wollte man dies auf EU-Ebene harmonisieren, müsste zuvor das Grundgesetz geöffnet werden – und zwar durch eine Abstimmung des gesamten Volkes.
Die Äußerungen konkretisieren das Urteil des Gerichts von Anfang September. Damals hatten die Verfassungsrichter drei Klagen gegen die Hilfskredite für hochverschuldete Euro-Länder abgewiesen. Dabei mahnte das Gericht zugleich aber mehr Mitspracherecht für den Bundestag an. Künftig sollen die Abgeordneten bei Rettungsaktionen mehr Möglichkeiten für Kontrolle und Widerspruch haben .
Die Äußerungen von Verfassungsrichter Huber lassen sich aufgrund der national- und europarechtlichen Dimension bestens in der mündlichen Prüfung anbringen, um bekanntes Grundlagenwissen abzuprüfen. Aus diesem Grund sollte sich der Prüfling – sofern bald eine mündliche Prüfung ansteht – kritisch mit den im Folgenden genannten Problempunkten auseinandersetzen.
Eine Frage der Kompetenzen
Der Richter am Bundesverfassungsgericht an dieser Stelle wohl darauf ein, dass die weitreichenden Harmoniserungsbestrebungen der Europäischen Union in Bezug auf zentrale wirtschaftspolitische Fragen einer zusätzlichen nationalen demokratischen Legitimation bedürfen. M.E. sollte man sich an dieser Stelle in dogmatischer Hinsicht allerdings nicht die Frage stellen, ob es hierzu eines Volksentscheides Bedarf. Die Frage und dessen Lösung ist eher in einer Auslegung der auf die EU übertragenen Kompetenzen nach den Verträgen des EUV und des AEUV zu suchen. Mithin geht es darum, ob zu weitgehende EU-Finanz- und Wirtschaftspolitik einer ultra-vires-Kontrolle durch den EuGH standhalten würde bzw. ob eine Übertragung solcher Kompetenzen noch von der nationalen Ermächtigung in Art. 23 GG gedeckt ist, wobei letzteres vom BVerfG zu entscheiden wäre. Für den Moment jedenfalls wurden diese Grenzen der Mitwirkung an einer europäischen Fiskalpolitik durch das BVerfG mittels des Urteils zum Euro-Rettungsschirm weitgehend definiert. An einer klaren Aussage zu den Grenzen der Kompetenztitel durch den EuGH fehlt es hingegen.
Diskussion über Volksabstimmungen geht fehl
Über die Zulässigkeit von Volksentscheiden auf Bundesebene hingegen hatten wir bereits ausführlich berichtet. Die Analyse zeigt, dass die Systematik des GG solche nur in besonders gelagerten Fällen zulässt. Nur dann, wenn das GG geändert würde, könnten erweiterte Befugnisse in Form von direkter Demokratie durch das Volk, etwa in Form von Volksentscheiden, zulässig sein. Die Forderungen von Verfassungsrichter Huber, wie sie im Spiegel-Artikel geschildert werden, gehen an dieser Stelle also fehl. Nur, wenn sich das verfassungsmäßige Grundgerüst ändern würde, wären die Überlegungen mit Blick auf direkte Volksabstimmungen legitim.
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