Das OLG Hamm hat mit Beschluss vom 24.09.2012 (18 U 25/12, I-18 U 25/12) entschieden, dass dem ehemaligen Spielerberater des Bundesliga-Torhüters W. keine Ansprüche im Zusammenhang mit dessen im Januar 2011 erfolgter Vertragsverlängerung zustehen.
Der Fall ist aus verschiedenen Gründen interessant. Zum einen handelt es sich bei rechtlichen Themen aus dem Bereich Profisport stets um Diskussionsstoff für eine breitere (nicht ausschließlich juristische) Öffentlichkeit. Der ein oder andere Zivilrechtsprüfer in der mündlichen Prüfung könnte sich deshalb veranlasst sehen, den Fall als Aufhänger für das Prüfungsgespräch zu wählen (das könnte besonders für Prüfer aus dem Fan-Lager des BVB gelten – solche dürften ja vor allem in NRW kein Exotendasein fristen). Zum anderen eignet sich die hier anzutreffende prozessuale Situation (der Kläger musste im Wege einer Stufenklage vorgehen – dazu sogleich) in beiden Examen zur Anknüpfung verfahrensrechtlicher Fragen.
Der Sachverhalt
Der zum Ende der Spielzeit 2010/2011 auslaufende Arbeitsvertrag des Stamm-Torhüters von Borussia Dortmund stand Ende des Jahres 2010 zur Verlängerung an. Da dem BVB an der vorzeitigen Verlängerung des Vertrages gelegen war, kontaktierte der BVB-Sportmanager im September 2010 dessen Spielerberater, den Rechtsanwalt C. C hatte den W in der Vergangenheit bereits mehrfach bei Vertragsverlängerungen mit Borussia Dortmund beraten. Ende September kam es dann auch in Dortmund zu einem Gespräch zwischen den genannte Personen und dem Geschäftsführer des BVB. Gegenstand des Gesprächs war die Ausgestaltung des neuen Vertrages (insbesondere dessen Laufzeit, das Grundgehalt und weitere Prämien). Noch am selben Tag unterbreitete der Verein seinem Torhüter ein konkretes Angebot. Die in diesem Zusammenhang vereinbarten Fortsetzungstermine (Oktober und November) sagte W ab. Darüber hinaus kündigte er Ende November den Vertrag mit seinem Berater. Dieser setzte wenige Tage später den BVB von der Kündigung in Kenntnis und bekundete zugleich die Absicht, für den Fall einer Vertragsverlängerung einen Anspruch auf „Honorarzahlung“ gegen den Verein geltend zu machen. Am selben Tag engagierte W einen neuen Berater und im Januar 2011 kam es (wie die BVB-Fans wissen) zu der angestrebten Vertragsverlängerung für weitere drei Jahre (in deren Folge der BVB ein Honorar an den neuen Berater des W zahlte).
Der C verlangte nun von Borussia Dortmund für jedes der drei Jahre die Zahlung eines Honorars in Höhe von 10 % des jeweiligen Jahresbruttogehalts. Da er naturgemäß nicht wissen konnte, wie hoch das letztlich vereinbarte Gehalt war, begehrte er zudem Auskunft über die Bedingungen des verlängerten Vertrages.
Die Entscheidung
Das Gericht geht die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen durch.
§ 652 Abs. 1 BGB – kein konkludenter Vertragsschluss durch Kontaktaufnahme mit Spielerberater
Die typische Anspruchsgrundlage für die Geltendmachung von Vermittlungshonoraren ist § 652 Abs. 1 BGB. Danach ist derjenige, der für die Vermittlung eines Vertrags einen Mäklerlohn verspricht, zur Entrichtung des Lohnes verpflichtet, wenn der Vertrag infolge der Vermittlung des Mäklers zustande kommt. Die Norm erfasst – das sollte man sich klar machen – keineswegs nur den allseits bekannten Immobilienmakler.
Ein Zahlungsanspruch des Beraters gegen Borussia Dortmund aus § 652 Abs. 1 BGB setzt das Zustandekommen eines Maklervertrags zwischen den Parteien voraus. Da ein solcher weder schriftlich noch ausdrücklich mündlich (der Maklervertrag ist grundsätzlich nicht formbedürftig) geschlossen wurde, kommt nur ein konkludenter Vertragsschluss in Betracht.
Das Gericht prüft sodann, ob in der Kontaktaufnahme durch den BVB-Sportmanager im September 2010 ein konkludentes Angebot auf Abschluss eines Maklervertrags zu sehen sein könnte. Die Vorinstanz (LG Dortmund – 3 O 246/11) hatte – was man in der Prüfung unbedingt auch tun sollte – noch mustergültig den Prüfungsmaßstab zurecht gelegt:
Ob die Kontaktaufnahme mit einem Makler durch eine Partei ein bindendes Angebot zum Abschluss eines Maklervertrages darstellt, ist durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Danach ist die Erklärung einer Partei nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen. Bei konkludenten Willenserklärungen ist im Ergebnis entscheidend, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben verstehen musste
Das OLG Hamm gibt insoweit zusätzlich Folgendes zu bedenken:
Zu beachten ist, dass der Makler für klare Verhältnisse zu sorgen hat. Zu bewerten sind insbesondere die konkreten Umstände des vorliegenden Falls.
An die Darlegungs- und Beweislast eines Spielerberaters, der Maklerlohn wegen einer Vertragsverlängerung geltend macht, sind folglich hohe Anforderungen zu stellen.
Gemessen daran sprechen aus Sicht des Gerichts verschiedene Umstände gegen das Zustandekommen eines Maklervertrags.
Zum einen kommt dem Umstand, dass der C nun einmal als Berater für die Vertragsverhandlungen des Torhüters (vielleicht sogar nach Maßgabe eines zwischen diesen bestehenden Beratervertrags) zuständig war, besondere Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund wurde er nämlich erkennbar nicht als Makler, sondern eben als Vertreter (der vertraglichen Interessen) des W angesprochen. Eine möglicherweise gewollte (gleichzeitige) Maklertätigkeit für den BVB hätte der C nach dem oben Gesagten ausdrücklich ansprechen müssen:
Hätte er auch als Makler für die Beklagte tätig werden sollen, um für sie einen Vertragsabschluss mit X zu vermitteln, hätte dies gesondert zum Ausdruck gebracht werden müssen. Darauf und auch auf den Umstand, dass Dr. C als angesprochener mutmaßlicher Makler insoweit für klare Verhältnisse Sorge zu tragen hatte, weist das Landgericht zu Recht hin.
Dies wird auch durch den Inhalt seitens des C anlässlich der Vertragsverhandlungen angefertigter Vermerke bestätigt. Darin gab er sich durch Formulierung wie „die von unserer Seite …“ und „es wurde (…) vereinbart, dass wir auf dieses Angebot in den nächsten 4 Wochen reagieren werden …“ und die Vorstellungen des BVB deutlich übersteigende Gehaltsforderungen als Interessenvertreter des W zu erkennen.
Zum anderen gibt das Gericht auch zu bedenken, dass
ein Verein nur solange mit einem Spielerberater verhandeln kann, solange dieser auch für den Spieler, mit dem eine vertragliche Vereinbarung abgeschlossen werden soll, tätig ist. Entscheidet sich ein Spieler (…) während laufender Verhandlungen zu einem Beraterwechsel, kann der abgelöste (erste) Berater nicht mehr für den Spieler tätig werden und auch eine Bereitschaft des Spielers zum Vertragsabschluss mit dem Verein nicht mehr herbeiführen. Insoweit wird dann der neue Spielerberater tätig, der bei einem Vertragsabschluss zwischen Spieler und Verein ebenfalls eine vom Verein zu übernehmende Provision erwartet.
Dieser denkbare und vom Verein im Hinblick auf den Beraterwechsel regelmäßig auch nicht zu beeinflussende Geschehensablauf spricht dagegen, dass sich ein Verein gegenüber einem Spielerberater zur Zahlung einer Courtage verpflichten will, solange nicht geklärt ist, dass dieser Berater den Spieler auch beim Abschluss des in Frage stehenden Vertrages betreut. Andernfalls liefe der Verein Gefahr, für denselben Vertragsschluss ggfls. beiden Beratern und mithin doppelt Provision zahlen zu müssen.
Diesem Umstand trägt auch die in der Vergangenheit zwischen dem Verein und dem C anlässlich anderer Vertragsverhandlungen geübte Praxis Rechnung, etwaige Honorarvereinbarungen erst nach einem erfolgreichen Vertragsschluss zu unterzeichnen.
Im Ergebnis fehlt es an einem Maklervertrag. Ein Zahlungsanspruch des C, gestützt auf § 652 Abs. 1 BGB, kommt nicht in Betracht.
§ 354 Abs. 1 HGB soll lediglich bestehende Verträge ergänzen
Das Gericht prüft als nächstes den handelsrechtlichen Provisionsanspruch aus § 354 Abs. 1 HGB. Danach kann derjenige, der in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen Geschäfte besorgt oder Dienste leistet, dafür auch ohne Verabredung Provision verlangen. Anders als der Wortlaut zunächst vermuten lässt, setzt der Anspruch aus § 354 Abs. 1 HGB bestehende – aber in Einzelfragen ergänzungsbedürftige – Vertragsbeziehungen voraus. Dem Anspruch liegt der Gedanke zugrunde, dass ein Kaufmann noch weniger als ein Privatmann kostenlos tätig wird (da die Vorschrift nach Maßgabe der §§ 343, 344 Abs. 1 HGB auch auf einseitige Handelsgeschäfte Anwendung findet, musste sich das Gericht mit der Kaufmannseigenschaft des BVB gar nicht erst auseinandersetzen).
Mangels bestehender vertraglicher Beziehungen zwischen dem BVB und C besteht auch kein Zahlungsanspruch nach § 354 Abs. 1 HGB.
§§ 677 ff. BGB – kein objektiv fremdes Geschäft
Für eine Geschäftsführung ohne Auftrag durch den C fehlt es schon an einem objektiv fremden Geschäft. Der C kam in den Angelegenheiten rund um die Vertragsverlängerung lediglich seinen eigenen Pflichten aus dem zwischen ihm und dem W bestehenden Vertragsverhältnis nach und führe folglich ein sog. Eigengeschäft.
§ 242 BGB hilf ebenfalls nicht weiter
Dass der Kläger von der Beklagten keine Provision beanspruchen kann, ist bereits deswegen nicht treuwidrig, weil Dr. C und die K, deren Ansprüche der Kläger geltend macht, beim Vertragsabschluss zwischen der Beklagten und X für letzteren nicht mehr als Spielerberater tätig waren. Bereits hierin unterscheidet sich der vorliegende Fall von den früheren Konstellationen, bei denen sich die Beklagte gegenüber Dr. C oder der K zur Übernahme einer Courtage verpflichtet ansah.
Im Ergebnis muss der BVB also auch nach Ansicht des OLG Hamm kein Honorar an den ehemaligen Spielerberater des W zahlen.
Fazit
Eine interessante Entscheidung zum Maklerrecht, die sich im Schwerpunkt mit Fragen der Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB befasst. Der Berater hatte übrigens seine möglichen Ansprüche dem jetzigen Kläger übertragen, so dass der Kläger aus abgetretenem Recht (§ 398 BGB) vorging. Insoweit ließen sich gerade im zweien Examen prozessuale Fragen – etwa aus dem Bereich der Prozessstandschaft (vgl. § 265 ZPO) – einbauen.
Wie eingangs schon erwähnt, musste der Kläger hier im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) vorgehen, da er den Provisionsanspruch ohne Kenntnis der Vertragsdetails nicht bestimmen konnte (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). In solchen Fällen (die sich etwa für eine Anwaltsklausur im zweiten Examen anbieten), behilft man sich typischerweise mit einer dreistufigen Klage. Auf der ersten Stufe wird eine Auskunft (z.B. über die genauen Vertragskonditionen) beantragt. Auf Grundlage der gewonnenen Informationen kann der Anspruch dann nämlich in einer dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügenden Weise beziffert werden. Die zweite Stufe der Stufenklage ist auf Glaubhaftmachung der Informationen (durch Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung) und die dritte Stufe auf Zahlung des (bei Klageerhebung noch zu beziffernden) Betrages gerichtet.
Der Fall bietet insgesamt also durchaus Stoff für eine mündliche Prüfung, in Teilen vielleicht auch für eine Klausur des zweiten Examens.