Der BGH hat eine für das Studium wie für das Referendariat sehr wichtige Entscheidung zur Schadensberechnung getroffen (Urt. v. 7.2.2012 – VI ZR 133/11 ). Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor, die wesentlichen Aussagen lassen sich aber der Pressemitteilung 21/12 entnehmen.
I. Sachverhalt
Dem Urteil lag ein Verkehrsunfall zugrunde. Infolge des Unfalls ließ der Kläger ein Sachverständigengutachten fertigen, um die Höhe seines Schadens berechnen und diesen geltend machen zu können. Den Kläger traf aber ein Mitverschulden an dem Unfall, so dass sein Schadensersatzanspruch anteilig zu kürzen war. Streitig war nun, ob die anteilige Haftung auch die Kosten für das Sachverständigengutachten umfasst oder ob nur der eigentliche Fahrzeugschaden zu quoteln war.
II. Entscheidung
Der VI. Senat entschied, dass die Sachverständigenkosten grundsätzlich zu dem nach den §§ 249 ff. BGB zu ersetzenden Schaden gehören. Unter ausdrücklichem Hinweis auf die divergierende Rechtsprechung einiger Oberlandesgerichte entscheidet er dann, dass sich die Quotelung des Schadens nach § 17 Abs. 1 StVG auch auf die Sachverständigenkosten bezieht.
III. Bewertung
Dass Sachverständigenkosten zu dem zu ersetzenden Schaden gehören, ist jedenfalls dann anerkannt, wenn diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (BGH NJW 2007, 1450).
Ob die Sachverständigenkosten ebenso zu quoteln sind wie die übrigen Schäden, war dagegen bislang umstritten: So vertraten unter anderem das OLG Frankfurt (Urt. v. 5.4.2011 – 22 U 67/09, juris Rn. 30 f.) und das OLG Rostock (Urt. v. 18.3.2011- 5 U 144/10) die Ansicht, dass Sachverständigenkosten nicht zu quoteln seien, weil diese in jedem Fall in voller Höhe anfielen, wenn dem Kläger überhaupt ein erstattungsfähiger Schaden entstanden sei. Demgegenüber vertraten etwa das OLG Celle (Urt. v. 24.8.2011 – 14 U 47/11) und das OLG Düsseldorf (Urt. v. 15.3.2011 – I-1 U 152/10, 1 U 152/10) die Auffassung, dass auch die Sachverständigenkosten zu quoteln seien. Diese Auffassung bestätigt nun der VI. Senat.
Das OLG Celle hat dies äußerst überzeugend damit begründet, dass die Gegenauffassung „im Gesetz keine Stütze findet“ und dass „es an einem Grund dafür [fehlt], eine vom übrigen Sachschaden abweichende Aufteilung der Kosten des Sachverständigen vorzunehmen“ (juris Rn. 27). Angesichts solch scharfsinniger juristischer Argumentationskunst hatte der VI. Senat wohl keine andere Wahl, als sich dieser Ansicht anzuschließen.
Spaß beiseite: Das OLG Düsseldorf (juris Rn. 38) stellt auf § 17 Abs. 1 StVG ab und fragt mit dieser Norm danach, „inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist“. Die Sachverständigenkosten seien kausal durch den Unfall verursacht und deshalb ebenfalls von dieser Quotelung erfasst. Dem muss man nicht folgen, aber diese Ansicht findet immerhin eine „Stütze im Gesetz“. 🙂
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