Strafrecht SI – September 2015 – 1. Staatsexamen Hessen
Nachfolgend erhaltet ihr ein Gedächtnisprotkoll der Klausur im Strafrecht des 1. Staatsexamens in Hessen im September 2015. Vielen Dank dafür an Johannes. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet ihr auch hier.
Sachverhalt
A und B wissen, dass O, Angestellter der Spedition des F, mit seinem Lkw von der Stadt X nach Hamburg fährt. Dabei hat er Elektrogeräte des E geladen (Wert 250.000€).
Sie haben den Plan sich als Polizisten auszugeben und den LKW an einer Raststätte rauszuwinken.
Sie überkleben um 2 Uhr morgens das Nummernschild des Pkw des A damit es den Anschein erweckt ein Nummernschild der Polizei zu sein.
Wie geplant fährt O auf der Autobahn. Sie überholen ihn und gegen ihm Handzeichen bei der nächsten Raststätte rauszufahren. Wie geplant denkt O es handle sich um eine Zivilstreife und fährt an der nächsten Raststätte raus. A und B halten hinter dem Lkw. B steigt aus und zieht sich kurz bevor er O, der in seinem Lkw sitzt, gegenüber tritt eine Strumpfmaske über. Er bedroht O mit einer ungeladenen echten Schusswaffe drängt ihn in den hinteren Teil des LKW, wo er ihn fesselt und eine Jacke über dessen Kopf legt. Sodann fährt er den Lkw, gefolgt von B in dem Pkw, zu einer nahegelegenen Baustelle eines Ortes. Dort verladen A und B die Elektrogeräte in den Pkw und fahren weg. Der Verladevorgang dauerte bis 4 Uhr morgens. O wird um 6:30 von Bauarbeitern gefunden. Davon waren A und O ausgegangen.
O hat bei der Fesselung, etc. einen Angstschock erlitten, ihm wurde kurz schwarz vor den Augen, und hatte Angstschweißausbrüche. In der folgenden Zeit musste O zig mal zum Psychologen wegen der Vorfälle. Letztendlich wurde er aufgrund des Vorfalls Arbeitsunfähig. A und B hatten zwar damit gerechnet, dass O sich erschrecken wird und eventuell einen Schock erleiden werde, mit einer so schweren psychischen Störung und der folgenden Arbeitsunfähigkeit des O hatte sie jedoch nicht gerechnet.
Bei C entdeckte die Polizei einige Zeit später die Elektrogeräte in dessen Garage. Sicher ist das C entweder Mittäter bei den ganzen Geschichte war oder die Elektrogeräte von A und B käuflich erworben hat. Dies lässt sich im Nachhinein nicht mehr eindeutig feststellen.
Wie haben sich A, B und C strafbar gemacht?
Es sind nur Vorschriften des StGB zu prüfen.
Moin,
wie habt ihr die Wahlfeststellung in der Klausur aufgebaut?
Habt ihr auch verfassungsrechtliche Bedenken angeführt?
Hat jemand eine Lösung zu dem Teil mit den Folgeschäden?
Hat jemand eine Lösung zu dem Teil mit den Folgeschäden? Ich habe nur die 223 ff. auf dem Schirm
Dito. Eventuell bei der Gefahr der schweren Gesundheitsschädigung beim Schweren Raub ansprechen?
Spontane Lösungsidee, bitte um Kritik und Verbesserungsvorschläge 🙂
I. TK – Das Anhalten
Betrug scheidet wg. mangelnder Verfügung aus. Nötigung ebenfalls, hier wird ja durch die Täuschung auf den Willensbildungsprozess eingewirkt. Übrig bleibt dann nur 132.
II. TK – Der Überfall
Nötigung und Freiheitberaubung wohl unproblematisch. Räuberrischer Angriff auf den Kraftfahrer wäre wohl zu diskutieren, m.E. fehlt es jedenfalls am Ausnutzen der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs. Außerdem auch zu diskutieren ob man auch Kraftfahrzeugführer beim Stillstand ist.
Zudem (Schwerer) Raub (mit Abgrenzung zur räuberrischen Erpressung), hier wird der Gewahrsam wohl auch an der Ladung aufgehoben und neuer seitens B begründet. Raub bezüglich des LKW schon deshalb nicht, weil sie ihn hinther stehen lassen. Dafür jedoch Unbefugter Gebrauch eines Kraftfahrzeugs.
Zurechnung der Tathandlungen den B an A wohl über 25 II möglich. Hier wohl auch vom Beihilfeleisten kurz abzugrenzen.
III. TK – Verladen
Spätestens hier der Raub an den Sachen.
Aussetzung des O, die Gefahr, auch nicht die abstrakte, sehe ich aber nicht.
KV mit schwerer Folge kommt in Betracht. Handeln kausal für den Schock und damit für die Gesundheitsschädigung. Insoweit auch unrpoblematisch. Interessanter die schwere Körperverletzung. Psychische Störung kann wohl unter Nr. 3 subsummiert werden. A und B handeln außerdem wenigstens fahrlässig, da hilft auch nicht, dass sie darauf vertrauen, dass es dazu nicht kommt.
IV. TK – Der C
Das dürfte eine echte Wahlfeststellung sein. Verfassungsrechtliche Bedenken diskutieren und dann beide Varianten durchprüfen.
Also Hehlerei vs. Raub und den ganzen Kram gegen die persönlichen Rechtsgüter des O. Letztere haben schon evident einen anderen Schutzbereich und Raub zumindest eine ganz andere Strafndrohung. Müsste also scheitern.
Bitte um Feedback, Strafrecht liegt mir nicht…
Teil I:
22 StVG ist es glaub ich (Kennzeichenmissbrauch)
274 scheitert an der nachteilszufügungsabsicht
267 I Var. 2 möglicherweise verfälschen einer echten urkunde; var .2 verdrängt var. 1; ebenfalls gebrauchmachen; dann 1 Urkundenfälschung nach dem BGH
§132
Teil II:
-§316a ist BGH http://lexetius.com/2015,1198
-Raub:
(P) Wer hat Gewahrsam an der Ladung? Fahrer könnte gewahrsamshüter sein, der keinen Gewahrsam hat. Kommt letztlich darauf an, inwieweit der Arbeitgeber Kontroll-und Einwirkungsmöglichkeiten hat
(P) Fällt bedrohen mit ungeladener Schusswaffe unter 250 II nr. 1?
-> nach bgh (-); hL (+)
-> in jedem fall 250 I Nr. 1b (auch nach BGH)
(P) Seil auch 250 I Nr. 1b
(P) Täterschaft/Teilnahme des B
Teil III:
-Raub: (P) gewalt durch unterlassen möglich? Weiteres problem: kann 250 I nr 1b ebenfalls durch unterlassen verwirklicht werden werden? bgh (+); TdL (-). -> Ich bin mir hinsichtlich dieser Problematiken nicht sicher. Der Sachverhalt ist uneindeutig und der BGH sagt(in dem o.g. Urteil), dass der Raub schon mit dem Wegfahren vom Rastplatz vollendet sei.
Dann kann eig nicht noch ein Raub vorliegen, sondern es läge eine unterschlagung vor und es stellt sich dann das problem der wiederholten zueignung.
-ggf: 239a I Var. 1 (P) stabile bemächtigungslage. wird hier wohl anzunehmen sein, aber nur wenn man Raub bejaht.
Wenn man im dritten teil keinen Raub annimmt, kommt wohl noch 239b in betracht.
Teil IV:
Von Wahlfeststellung hab ich leider keine Ahnung.
bzgl. §§ 239 a f. StGB:
ein Raubdelikt, wie räuberische Erpressung (Raub), was bei d. §§ 239 a f. StGB beabsichtigt sein muss o.ä., könnte vorliegend schon mit Überwältigen von O und dem Beginn des Wegfahren des LKW vollendet sein.
Möglicherweise könnte hierbei allerdings eben noch kein vollendetes Entführen oder eine hinreichend stabile Bemächtigunggslage vorgelegen haben, wie sie nach der BGH-Rspr. für §§ 239 a f. StGB zu verlangen sein soll.
Insofern könnten hier insoweit die §§ 239 a f. StGB noch ausscheiden.
Nach Entführung und hinreichender Stabilisierung einer Bemächtigungslage könnte dagegen kein eigenständiges Raubdelikt mehr (beabsichtigt) möglich gewesen sein, da dieses bereits vorher vollendet gewesen sein könnte.
Insofern könnten die § 239 a f. StGB auch hierbei zweifelhaft erscheinen.
bzgl. Wahlfeststellung:
eine Wahlfeststellung soll ausscheiden, sofern eine eindeutige Verurteilung möglich ist. In Betracht könnte vorliegend insoweit allerdings etwa noch eine eindeutige Verurteilungs-möglichkeit wegen Geldwäsche kommen. Ohne dies genauer nachgeschlagen zu haben, könnte Geldwäsche – vom Wortlaut, bei oberflächlicher Gesetzeslektüre – evtl. auch noch bei ungewisser Vortatbeteiligung grds. möglich sein.