Die heutige Klausur (in NRW und Hamburg) war an die Fraport-Entscheidung des BVerfG angelehnt (v. 22.2.2011 – 1 BvR 699/06; wir berichteten). Im Folgenden findet sich ein Gedächtnisprotokoll. Ergänzungen sind wie immer gerne erwünscht.
Sachverhalt
Die Drehkreuz-AG ist Betreiberin eines Flughafens im Land L. Die Stadt S besitzt 30 v.H. Anteilen und ist Eigentümerin des Flughafengeländes. Das Land L hat Anteile in Höhe von 40 v.H. Die „Luftseite“ des Flughafens ist nur mittels Boardkarte und Sicherheitskontrolle für Benutzer des Flughafens zugänglich. Auf der „Landseite“ befinden sich verschiedene Geschäfte und Diensleistungen, wie Boutiquen, ein Friseur, Supermärkte und Cafès. Auf dem Gelände ist auch eine Kapelle mit eigenem Gebetsraum zur Religionsausübung eingerichtet. Die Drehkreuz-AG bewirbt das Angebot mit dem Slogan: „Airport Shopping für alle“, „Auf 40.000 qm zeigt sich der Marktplatz in neuem Gewande und freut sich auf ihren Besuch!“.
In der Flughafen-Benutzungsordnung, die von L genehmigt worden ist, wird bestimmt, dass Versammlungen im Flughafengebäude generell nicht gestattet sind und ein Einverständnis des Betreibers erfordern. Wann und aus welchen Gründen ein solches Einverständnis erteilt wird, ist nicht geregelt.
A und fünf weitere Aktivisiten der „Initiative gegen Abschiebung“ verteilen auf der „Landseite“ des Flughafens am 13.Mai 2009 Flugblätter an Reisende und Mitarbeiter der Fluggesellschaften, in denen sie auf eine bevorstehende Abschiebung aufmerksam machen. Mitarbeiter der Drehkreuz-AG und Einsatzkräfte des Bundesgrenzsschutz beenden die Aktion schon nach einer Stunde. Mit Schreiben vom 14. Mai 2009 erteilt die Drehkreuz-AG ein unbefristetes „Flughafenverbot“ mit Verweis auf die Ausübung des Hausrechts. Ferner wird mit einer Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs gedroht, sollte A und die anderen Personen nochmal solch ein „unberechtigtes Verhalten“ innerhalb des Flughafenverbots an den Tag legen. Begründet wird dieser Schritt damit, dass die Aktion die Betriebsabläufe und die Sicherheit des Flughafens beeinträchtige.
Die Klage des A vor dem Amtsgericht bleibt ohne Erfolg. Die Drekhkreuz-AG sei schon gar nicht an Grundrechte gebunden. Ferner hätte sie bezüglich der Abschiebung nicht hoheitlich gehandelt. Das Flughafenverbot sei weder sittenwidrig, noch würde es gegen Gesetze verstoßen werden. Das Landgericht bestätigt diese Rechtsauffassung und fügt ergänzend hinzu, dass im konkreten Fall kein staatliches Handeln gegeben sei.
Der BGH lässt die Revision zu, weist die Klage aber am 24.02.2011 als unbegründet ab. Die Drehkreuz-AG konnte sich zur Ausübung seines Hausrechts auf §§ 858, 903, 1004 BGB berufen. Dies sei zwar durch Kontrahierungszwang gegenüber Reisenden und der Öffnung für deren Begleiter und für die Kunden der örtlichen Geschäfte einschränkbar, jedoch nur im Rahmen der zulässigen Nutzung des Flughafens. Die Verhaltensweise des A ginge aber über das Nutzungsrecht hinaus.
A erhebt am 15.03.2011 Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung seiner Versammlungsfreiheit und Meinungsäußerungsfreiheit.
1. Ist die Drehkreuz-AG gegenüber A unmittelbar an Grundrechte gebunden?
2. Unterstellt, dass eine solche Grundrechtsbindung der Drehkreuz-AG gegenüber A existiert, ist die Verfassungsbeschwerde des A zulässig und begründet?
Bearbeitervermerk
Es ist unabhängig von den in den dargestellten Entscheidungen im Einzelnen aufgeführten Begründungen – wenn notwendig hilfsweise – auf alle aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Probleme des Falles einzugehen.
Es ist zu unterstellen, dass die 5 Aktivisten neben A die deutsche Staatsbürgerschaft haben.