Öffentliches Recht – Ö II – Juli 2012 – 1. Staatsexamen Schleswig-Holstein, Berlin
Vielen Dank an Josephine für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls zu der im Juli 2012 in Schleswig-Holstein gelaufenen Klausur im Öffentlichen Recht Ö II. Ergänzungen oder Korrekturanmerkungen sind wie immer gern gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Vorab vielen Dank!
Sachverhalt
Wieder einmal war der „Udo-Voigts-Fall“ Thema einer Examensklausur in Schleswig Holstein. Dieser ist in ähnlicher Fassung auch schon im April in Berlin gelaufen:
Bruno Braun (B) ist Vorsitzender der „Partei Deutschland den Deutschen“ (PDD), die extrem national-konservativ ausgerichtet ist und unter Beobachtung der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern steht. Die PDD ist in einigen Landesparlamenten vertreten und bei der letzten Bundestagswahl auf ein Wahlergebnis von 2 % gekommen. Die Partei und insbesondere das grundsätzlich sehr provokative Auftreten von B spalten die Republik.
B buchte mit seiner Frau im Herbst des Jahres 2010 über einen Reiseveranstalter ein Pauschalangebot für ein All-inclusive-Wochenende in einem Wellness-Hotel in der Stadt S. Sein Aufenthalt sorgte bei den anderen Gästen für große Aufregung. Die lokale Presse kommentierte den Vorfall.
Daraufhin sandte Anfang 2011 die Hotelgesellschaft (H), eine juristische Person französischen Rechts, die ihren Sitz in Paris hat und Pächterin des Hotels in der Stadt S ist, dem B ein Hausverbot zu. Begründet wurde das Hausverbot damit, dass das Hotel ein Wellness-Hotel sei, das seinen Gästen eine Atmosphäre der Ruhe und Erholung bieten müsse und das keinen Raum für politische Polarisierung biete. Bereits der letzte Besuch des B habe für Unruhe gesorgt, die zwar noch keine nachweisbaren finanziellen Nachteile hervorgerufen habe; bei einer Verstetigung seiner Besuche sei dies jedoch nicht auszuschließen. B, der auch zukünftig in dem Hotel absteigen möchte, klagte erfolgreich gegen das Hausverbot.
Unterstellen Sie, dass der BGH in letzter Instanz entschieden hat, das Hausverbot sei nichtig. B könne es auf Grundlage von §§ 823, 1004 analog BGB abwehren, weil es ihn in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzte, wohingegen sich die H als ausländische juristische Person schon gar nicht auf Grundrechte berufen könne. Abgesehen davon gehe das Allgemeine Persönlichkeitsrecht bloßen kommerziellen Interessen vor. Das Urteil wurde der H am 1. November 2011 zugestellt.
Am 1. Dezember 2011 geht beim Bundesverfassungsgericht ein Fax ein, mit dem die H die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2, 12 und 14 GG rügt. Der BGH habe ihr grundrechtlich geschütztes ziviles Hausrecht als Pächterin und ihr Eigentumsrecht ebenso wie ihre wirtschaftliche Ausrichtung als Wellness-Hotel bei der Anwendung von §§ 823, 1004 analog BGB nicht ausreichend berücksichtigt. Als juristische Person eines Mitgliedstaates der EU könne sie sich ebenso wie inländische juristische Personen auf die Grundrechte berufen.
Hat die Verfassungsbeschwerde der H Aussicht auf Erfolg?
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (V ZR 115/11) bleibt damit im Öffentlichen Recht ein Dauerbrenner. Interessant wird sein, wann sie mit einer zivilrechtlichen Einkleidung im Examen geprüft werden wird. Siehe dazu unsere entsprechende Besprechung.
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