Öffentliches Recht ÖII – Dezember 2014 – 1. Staatsexamen NRW
Nachfolgend erhaltet Ihr nun auch ein Gedächtnisprotokoll der zweiten Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens im Dezember 2014 in NRW. Vielen Dank abermals an Lukas. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet Ihr auch hier.
Sachverhalt
Nach einer Terrorserie von Neonazis in Deutschland will der fraktionslose Abgeordnete A des Bundestages nicht weiter tatenlos zusehen.
Er bringt daher einen Gesetzesentwurf zum Terrordateigesetz (TDG) in den Bundestag ein. Dieser sieht vor, dass beim Bundesamt für Verfassungsschutz beim Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für die Mitgliedschaft in einer Terrororganisation (Terrorverdächtige) bestimmte Grunddaten gespeichert werden dürfen. Die Daten werden verschlüsselt. Auf diese Daten haben bestimmte, genau bezeichnete Bundes- und Landesbehörden Zugriff.
Bei Eingabe des Namens erscheinen dann weitere Daten, wie Wohnort und Aussehen der Person. Im Falle einer konkreten Gefahr für Leib, Leben, Gesundheit oder Freiheit können diese Behörden ebenfalls auf weitere verdeckt gespeicherte Daten zugreifen. Hierzu gehören Reise, Telekommunikations- und Bankdaten genauso wie Angaben über Waffenbesitz und den Beruf des Verdächtigen. Ein Zugriff auf diese Daten wird gespeichert und gesondert dokumentiert.
Nach drei Lesungen und Beratungen in den Ausschüssen wird das Gesetz im Bundestag zu später Stunde, nachdem die meisten Abgeordneten das Plenum bereits verlassen hatten, mit acht Ja-, fünf Neinstimmen und elf Enthaltungen beschlossen. Der Bundesrat wird ordnungsgemäß beteiligt.
Die Bundeskanzlerin M weigert sich, das Gesetz gegenzuzeichnen, weil sie die Eingriffe in die Rechte der Betroffenen für unzumutbar hält. Der Abgeordnete A weißt u.a. auf § 29 GOBReg hin, nach dem die Kanzlerin zur Gegenzeichnung verpflichtet sei.
Muss die Bundeskanzlerin M die Gegenzeichnung vornehmen?
Abwandlung:
Gegen den Bundestagsabgeordneten X werden nach entsprechenden Hinweisen aufgrund eines Anfangsverdachts strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Daraufhin unterzeichnet X am 06.02.2014 eine notarielle Verzichtserklärung. Diese geht dem Bundestagspräsidenten am 07.02.2014 zu. Bereits am 06.02.2014 hatte X über das soziale Medium Twitter bekannt gegeben, dass er sein Mandat niederlege. Am 10.02.2014 erlässt das Landgericht Köln einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung des X.
Am 11.02.2014 nimmt der Bundestagspräsident die Verzichtserklärung an und erklärt gegenüber X, dass sein Mandat am 06.02.2014 erloschen sei.
Verletzt der Beschluss des Landgerichts den X in seinem Recht aus Art. 46 II GG?
Auf § 1 AbgG und §§ 46 ff. BWahlG wir hingewiesen.
Hat jemand eine Lösung dazu?
Die Abwandlung betrifft den Fall Edathy, fast sogar mit auf den Tag genauen Daten; zu lesen in der RÜ 2014, Heft 11, S. 724 ff.
Kurzer Anriss der Probleme:
1. Art. 46 II GG als subjektives Recht des Abgeordneten?
Im Grunndsatz dient der Art. 46 II GG der Funktionsfähigkeit des Parlaments. Jedoch soll der einzelne Abgeordnete zumindest vor völlig willkürlichen Entscheidungen bewahrt werden, so dass Art. 46 II GG (i.V.m. Art. 38 I 2 GG) auch ein subjektives Recht des Abgeordneten sein kann.
2. Zeitliche Beschränkung auf Stellung als Abgeordneter
Der Art. 46 II GG betrifft den „Abgeordneten“. D.h. X müsste zum Zeitpunkt des Beschlusses des LG noch Abgeordneter gewesen sein. Hier fraglich, weil am 10.2. der Beschluss, am 6.2. bereits Mandatsverzicht in sozialen Medien und Annahmeerklärung des BTagsPräs. vom 11.2. auch den 6.2. als Datum für Verzicht bezeichnet.
Nach § 1 AbG i.V.m. §§ 46 ff. BWahlG ist die Verzichtserklärung vor einem Notar erforderlich. Das ist hier geschehen. Maßgeblich für den Mandatsverzicht ist nach § 47 I Nr. 4 BWahlG aber die Bestätigung der Verzichtserklärung durch BTagsPräs. Diese ist am 11.2. erfolgt. Die Rückdatierung auf den 6.2. in der Bestätigung kann nicht maßgeblich sein aus Gründen der Rechtssicherheit: Es besteht ein hohes Interesse daran, wer Abgeordneter ist, wer nicht. Deshalb kommt es auf Datum der Bestätigung an, hier 11.2. Folge: X war zur Zeit des Beschluss am 10.2. noch Abgeordneter.
3. Materiell: Entscheidung des BTagsPräs. willkürlich?
Wohl keine willkürliche Entscheidung, da Anfangsverdacht wohl als ausreichend angesehen werden (mit entsprechenden weiteren Argumenten).
Bei Aufgabe 1 denke ich Feststellung der prüfungskompetenz der BK. Geht ähnlich wie bei, BP und ist mit hM auf formelle Fehler und evidente zu beschränken.
Einstieg dann über das Recht der BK und anschließend Prüfung, ob formell/materiell vfm
Weiß jemand, ob Der Edathy Fall schon in nds gelaufen ist?