Nachfolgend erhaltet ihr auch ein Gedächtnisprotokoll der ersten gelaufenen Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens in NRW im Februar 2016. Vielen Dank dafür an Ann-Kathrin. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
In ähnlicher Form ist der Sachverhalt auch in Hamburg im Februar 2016 gelaufen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet ihr auch hier.
Sachverhalt
Die Blockupy Bewegung in Düsseldorf will vom 16.-23. Mai 2015 eine Versammlung in Düsseldorf abhalten, um gegen die Finanzpolitik zu demonstrieren und finanzpolitische Themen (nicht näher bekannt) aufmerksam zu machen. Am 21. Mai 2015 wird die Versammlung wegen gewaltsamen Verlaufes rechtmäßig verboten/aufgelöst.
Nachdem sich in mehreren sozialen Netzwerken polizeibekannte und gewaltbereite Leute dazu bekannt haben mit Baseballschlägern und Pyrotechnik in Düsseldorf gewaltsam Widerstand leisten zu wollen, führt die Polizei ab dem 21. Mai 2015 vermehrt Kontrollen durch.
X aus Frankfurt möchte an der Versammlung in Düsseldorf teilnehmen und macht sich mit einem Rucksack voller Reiseproviant auf den Weg. Er fährt am 21. Mai mit einem von 2 Bussen von Frankfurt nach Düsseldorf. In Neuss (NRW) werden die beiden Busse um 14:00 Uhr von der zuständigen Kreispolizei in ein Gewerbegebiet von Neuss umgeleitet. Dort werden – rechtmäßigerweise – alle einer Identitätsfeststellung und einer stichprobenartigen Gepäckdurchsuchung unterzogen. Gewaltbereite Personen können nicht ausgemacht werden. Anschließend wird allen ein rechtmäßiges Aufenthaltsverbot für die Innenstadt von Düsseldorf erteilt.
Da die Busfahrer mittlerweile ihre Fahrzeit überschritten haben und nicht mehr weiterfahren dürfen, entscheiden sich die Insassen zu Fuß nach Neuss zu laufen und auf dem Rathausplatz spontan eine friedliche Kundgebung unter dem Motto ‚Für die Versammlungsfreiheit – Gegen polizeiliche Willkür’ abzuhalten. Nach 30-minütigem Fußweg in losen Gruppen kommen alle um 16:00 Uhr am Hauptbahnhof in Neuss an. Auf dem Hauptbahnhofvorplatz werden sie unter den Blicken der Passanten von den ihnen bereits bekannten Polizisten angehalten. Sie teilen der Polizei mit nunmehr eine friedliche Kundgebung gegen 17.00 Uhr auf dem Neusser Rathausplatz abhalten zu wollen. Nach Anhörung werden die Identitäten aller festgestellt, alle Mitglieder der Gruppe werden durchsucht, und das Gepäck – darunter der Rucksack des X – wird nach Waffen und weiteren gefährlichen Gegenständen durchsucht. Jegliches Argumentieren und Diskutieren nützt nichts.
Nach kurzer Zeit verkündet die Polizei über Lautsprecher, dass die geplante Demonstration in Neuss verboten werde. Daraufhin protestieren und diskutieren alle. Kurze Zeit später nimmt die Polizei alle fest.
Im Polizeibericht heißt es, die Maßnahmen seien nötig gewesen, um zu verhindern, dass die Demonstranten doch noch nach Düsseldorf fahren. Die Festnahmen seien insbesondere nötig gewesen um drohende anstehende Ordnungswidrigkeiten gem. § 29 VersG (Sartorius Nr. 435) zu verhindert.
X erhebt Anfang Juli 2015 Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht in Düsseldorf gegen das Land NRW. Da er auch künftig an Veranstaltungen wie dieser teilnehmen möchte, möchte er festgestellt wissen, dass die Identitätsfeststellung nebst Anhalten, die Durchsuchungen, das Verbot der Kundgabe in Neuss sowie die Festnahme mit Recht und Gesetz nicht vereinbar waren. Er denkt die Maßnahmen verletzen ihn in seinem Recht auf Versammlungsfreiheit.
Aufgabe: Prüfen Sie in einem Rechtsgutachten, ob die Klage des X Aussicht auf Erfolg hat.
Bearbeitungshinweis: Gehen Sie dabei auf alle im Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen ein. Auf § 14, 15 VersG wird hingewiesen. Gehen Sie davon aus, dass eine richterliche Entscheidung bzgl. der Festnahme nicht rechtzeitig eingeholt werden konnte.