Wir möchten euch im Folgenden auf eine vor einiger Zeit bekannt gegebene Entscheidung des LG Berlin (Urteil vom 30. April 2013 – 67 S 307/12) hinweisen, in der es darum ging, ob das exzessive Rauchen eines Nachbarn in einem Mietshaus einen Minderungsgrund darstellen kann. Die Entscheidung liegt nicht im Volltext vor, die wesentlichen Aspekte können aber beispielsweise hier oder hier nachgelesen werden.
Der Fall ist insoweit sehr examensrelevant und interessant für jede Art von Examensprüfung, weil das AG Düsseldorf (Urteil vom 31.07.2013 – 24 C 1355/13) vor kurzem bereits in einem ganz ähnlichen Fall zu entscheiden hatte, ob das Rauchverhalten des Mieters einen Kündigungsgrund darstellen kann. Zu der Gesamtproblematik im Mietrecht und zu der damit einhergehenden Rechtsprechung haben wir bereits sehr ausführlich und instruktiv berichtet (hier).
Was war passiert?
Die Klägerin, Mieterin einer Mietwohnung in Berlin, hatte auf Minderung der Miete um 10% gegen den Vermieter geklagt. Als Grund für die Minderung machte sie das exzessive Rauchen ihres Nachbarn verantwortlich. Wie sie angab und wie zudem durch einen Zeugen glaubhaft bestätigt werden konnte, zog der Rauch aus der sich unter der Wohnung der Klägerin befindlichen Nachbarwohnung über den Balkon in die Räume der Klägerin.
Dies geschah regelmäßig mehrfach in der Stunde. Gerade in den Sommermonaten, in der aufgrund der Sommerhitze eine Lüftung der Räumlichkeiten der Klägerin notwendig war, kam es zu üblen Gerüchen nach Zigarettenqualm. Eine Lüftung des Hauptraumes auf andere Weise als zum Innenhof über die Balkon-Tür war nicht möglich.
Entscheidung des Gerichts
Das LG Berlin hat der Klägerin Recht gegeben: Das exzessive Rauchen des Nachbarn und die dadurch entstehenden Gerüche in der Wohnung der Klägerin begründeten eine Verminderung der vertraglich vorausgesetzten Gebrauchsvorteile der Mietsache, mithin einen erheblichen Mietmangel, § 535 I BGB.
Diese berechtige die Mieterin zu einer Minderung der Miete um 10% (bisher lag die Minderungsquote in ähnlichen Fällen gewöhnlich bei lediglich 5%, vgl. z.B. LG Hamburg – Az: 311 S 92/10; AG Kerpen – Az: 110 C 212/09).
Das Gericht begründete seine Auffassung damit, dass im konkreten Fall eine über das allgemeine Lebensrisiko in einer Großstadt hinausgehende Beeinträchtigung der Klägerin vorliege, die eine störungsfreie Benutzung des Balkons und des Hauptraumes so gut wie unmöglich mache. Der Klägerin war es im Prinzip nicht mehr möglich, die eigene Wohnung ausreichen zu belüften, ohne dass Zigarettenqualm und -gerüche in die Wohnung zogen.
Damit war für die Richter erwiesen, dass die Gebrauchsmöglichkeit der Wohnung erheblich vermindert und die Beeinträchtigung für die Klägerin unzumutbar war.
Fazit
Die Entscheidung behandelt einen durchaus klassischen Fall aus dem Mietrecht und könnte in Verbindung mit weiteren Problemen hervorragend als Aufhänger für eine mietrechtliche Klausur oder gar einen Aktenvortrag dienen. Interessant an dieser Entscheidung ist zudem, dass es – anders als z.B. bei 24 C 1355/13 – dass es nicht um die Auflösung des Mietverhältnisses zwischen dem rauchenden Mieter und dem Vermieter ging, sondern um die Rechte des belästigten Nachbarn.
In diesem Zusammenhang sei euch noch einmal ganz besonders die in unserem Beitrag (hier) bereits ausführlich angesprochenen Anspruchsgrundlagen und Abwägungskriterien – auch mit Blick auf die Rechte des Vermieters – ans Herz gelegt.
Da dem Urteil zudem eine recht umfangreiche Beweisaufnahme mit der Anhörung von Zeugen zu Grunde lag, könnte diese auch in einer Klausur des zweiten Staatsexamens relevant werden. So hat der Klausurbearbeiter einer zivilrechtlichen Urteilsklausur dann die Aufgabe, einzelne Zeugenaussagen nach ihrer Glaubhaftigkeit zu würdigen und je nach Ausgang der Beweiswürdigung eine Entscheidung zu treffen.