Landesverfassungsgericht prüft Besonderheiten des schleswig-holsteinischen Wahlrechts
In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass das Landesverfassungsgericht Schleswig-Holstein die Rechtmäßigkeit der Ausnahme des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW) von der Fünfprozentklausel bei Landtagswahlen überprüft.
Die Kläger halten dies für verfassungswidrig. Zur Erinnerung: Der SSW war im vergangenen Jahr mit 4,6% aufgrund der landesrechtlichen Besonderheiten in den Landtag in Kiel mit 3 Abgeordneten eingezogen und bildet nun mit SPD und den Grünen eine Regierungskoalition.
Die Fragestellung beschränkt sich darauf, zu ermitteln, ob der unterschiedliche Erfolgswert der Stimmen von SSW und anderen Parteien unterhalb der Fünfprozenthürde sachlich gerechtfertigt ist.
Bereits unmittelbar nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein haben wir uns auf juraexamen.info ausführlich mit dieser Problematik auseinandergesetzt und auf die Probleme der Rechtmäßigkeit der Landesregelung im konkreten Fall hingewiesen. Siehe unseren damaligen Beitrag hier.
Damals prognostizierten wir:
Ob erneut eine Überprüfung der Regelung erfolgen wird, hängt insbesondere von der politischen Entwicklung in Schleswig-Holstein ab.
Nun hat sich gezeigt, dass der SSW eine Koalition eingegangen ist und damit als Partei für das gesamte Bundesland tätig wird. Damit ist er nicht mehr allein ein Minderheitenvertreter. Diese Problematik erkannten wir schon im letzten Jahr und stellten fest:
Zudem richtet sich die Politik auch an sämtliche Bürger Schleswig-Holsteins, nicht allein an die dänische Minderheit. Dies wird insbesondere dadurch verdeutlicht, dass möglicherweise eine Regierungsbeteiligung des SSW in Betracht kommt, die sich notwendigerweise auf das gesamte Schlesig-Holstein erstreckt.
Man darf damit gespannt auf die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts Schleswig-Holstein (die nach der Sommerpause ergehen wird) sein. Die Feststellung, dass das aktuelle schleswig-holsteinische Wahlrecht verfassungswidrig ist, erscheint nicht unwahrscheinlich. Folge wäre dann, dass zumindest für die nächste Landtagswahl die Privilegierung des SSW abgebaut werden müsste oder das Wahlrecht zumindest so auszugestalten ist, dass der Status als Minderheitenpartei wieder eingehalten wird. Auch hierzu haben wir einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet:
Möglichkeiten für eine zweifellos verfassungskonforme Ausgestaltung des Wahlrechts würden unproblematisch bestehen – hierzu müsste nicht einmal auf die Fünfprozenthürde verzichtet werden. Ein Vorbild könnten hier die Wahl zum ersten gesamtdeutschen Bundestag 1990 sein, bei der zwar nicht auf die Fünfprozenthürde verzichtet wurde, diese galt aber zum Schutz der “ostdeutschen Minderheit” eigenständig in den neuen Bundesländern. Eine vergleichbare Regelung wäre auch in Schleswig-Holstein möglich: Der SSW tritt nur in denjenigen Wahlkreisen an, in denen eine dänische Minderheit tatsächlich besteht (also in Schleswig) – überschreitet er hier die Fünfprozenthürde, darf er dann auch die entsprechende Anzahl Abgeordnete entsenden.
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