Gastbeitrag: Rezension zu Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil
Wir freuen uns, heute einen Gastbeitrag von Nicolas veröffentlichen zu können. Nicolas studiert momentan an der Uni Bonn und bereitet sich ohne Repetitor auf das Examen vor.
Rezension Looschelders, Schuldrecht AT
Dirk Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, Heymanns-Verlag, 7. Auflage (August 2009), 25,90 €, ISBN-10: 3452271382
Im Rahmen meiner Examensvorbereitung ohne Repetitorium war es für mich besonders wichtig, auf die richtige Literatur zurückgreifen zu können. Gerade im Schuldrecht bietet sich dabei eine besondere Fülle an Ausbildungsliteratur, die die Materie mal in knapperer, mal in vollumfänglicher Form aufbereitet und abhandelt. Nicht zuletzt stellt das Schuldrecht aufgrund seiner Bedeutung ein absolutes Kerngebiet des Examensstoffs dar und ist deshalb immer wieder beliebter Prüfungsgegenstand. Für den Allgemeinen Teil des Schuldrechts gilt das Lehrbuch von Dirk Looschelders unter Studenten als Tip, den besonderen Anforderungen dieses Themengebietes gerecht zu werden.
1. Erscheinungsbild und Aufbau
Jeder Student der Rechtswissenschaft wird mindestens einmal in seinem Jura-Leben ein Werk der Lehrbuchreihe Academia Iuris in den Händen gehalten oder damit gearbeitet haben: Schnörkelloses, klares Auftreten, übersichtliches Schriftbild, dezenter Einsatz von „Info-Kästen“ und längere, zusammenhängende Textpassagen. Der Aufbau richtet sich im Wesentlichen systematisch nach den einzelnen „Stationen“, die ein Schuldverhältnis durchlaufen kann (Entstehung, Inhalt, Beendigung, Leistungsstörungen) und ist damit schon beim ersten Lesen des Inhaltsverzeichnisses leicht verständlich und in seiner Struktur nachvollziehbar. Überschriften, Unterüberschriften und Gliederungspunkte sind sparsam gesetzt und quälen den Leser nicht mit unnötigen Verschachtelungen, die ihn nur noch mehr über das übliche Maß hinaus verwirren würden. Auf den letzten Seiten glänzt das Werk ferner mit einem umfassenden Paragraphen-Register, einem Sachverzeichnis, sowie einem ausführlichen Entscheidungsverzeichnis. Darüber hinaus wird im Anhang auf die Fallbearbeitung im Leistungsstörungsrecht anhand kleiner Fallbeispiele mit ausformulieren Lösungsvorschlägen eingegangen. Praktisch und hilfreich!
2. Inhalt
Inhaltlich wird das gesamte examensrelevante allgemeine Schuldrecht abgedeckt. Nach Einführung in die das Schuldverhältnis an sich betreffenden Grundlagen (Begriff, Pflichten, Grenzen), wendet sich der Autor den rechtlichen Umständen zu, die ein Schuldverhältnis entstehen lassen, inhaltlich prägen oder dessen Beendigung herbeiführen. Das Recht über die Störungen im Schuldverhältnis bildet dabei – erwartungsgemäß – den größten Anteil und erfährt eine sehr detailreiche Auseinandersetzung, welches in Anbetracht der Wichtigkeit für das Examen und darüber hinaus mehr als gerechtfertigt ist.
Hierbei werden – leicht verständlich – die allgemeinen Regeln vorangestellt und die darauf aufbauenden Tatbestände sukzessive entwickelt und in Beziehung gesetzt. An solchen Stellen, wo entsprechender Erklärungsbedarf besteht, finden sich anschauliche Beispiele, die meistens Entscheidungen höchstrichterlicher Rechtsprechung nachgebildet sind und die jeweilige Problematik „auf den Punkt“ bringen. Hervorzuheben sei in diesem Zusammenhang die gute Seitengestaltung, die die jeweiligen vertiefenden Beispielfälle sofort kenntlich macht, sodass diese – für einen leichteren Einstieg oder einer schnellen Wiederholung – auch einmal „übersprungen“ werden können.
Untypisch für ein Lehrbuch und daher erwähnenswert sind die zahlreichen und als solche bezeichneten, instruktiven Hinweise zur Klausurbearbeitung: Auch hier bemüht sich der Autor um eine kontextbezogene Vermittlung des materiellen Rechts ohne sich in allzu ausufernden Erklärungen zur Gutachtenerstellung zu verlieren.
3. Sprache
Eine der große Stärken dieses Lehrbuchs ist wohl die klare und zielgerichtete Sprache, derer sich der Autor durchweg bedient. Dort, wo andere Lehrbücher und Skripten durch umständliche Formulierungen und betont komplexen Satzbau eher Stirnrunzeln erzeugen, wird hier ein Mittelweg beschritten, der sowohl fachlich angemessen, als auch inhaltlich überzeugend die verschiedenen Themenbereiche nicht nur Examenskandidaten verständlich macht. Gerade wem die in manchen Lehrmaterialien übliche direkte „Ansprache“ des Lesers in Form von wohlmeinenden „methodischen“ Hinweisen missfällt, wird den nüchternen und sachbezogenen Stil des Autors schnell zu schätzen wissen.
4. Fazit
Zusammen mit Titel „Schuldrecht Besonderer Teil“ aus derselben Lehrbuchreihe erhält der Student eine umfassende und für das erste Staatsexamen ausreichende Vorbereitung auf ein Rechtsgebiet, dessen Beherrschung wohl zu den Grundvoraussetzungen eines guten Examens zählt. Insbesondere die sehr gute sprachliche Darstellung und das übersichtliche Erscheinungsbild ermöglichen eine systematische und lernorientierte Auseinandersetzung mit allen wichtigen Themenbereichen des allgemeinen Schuldrechts. Die praxisorientierten „Tips“ gehen dabei über das Standardrepertoire eines Lehrbuchs hinaus.
Mit 25 Euro Anschaffungskosten liegt das Werk im mittleren Preisbereich, ist aber angesichts des durchweg positiven Eindrucks eine echte Kaufempfehlung.
Das Buch ist wirklich wunderbar! Neben Detterbeck, Verwaltungsrecht AT, mein liebstes Lehrbuch, das mir in der Examensvorbereitung (ebenfalls ohne Rep) schon gute Dienste erwiesen und mir das Schuldrecht sehr sympathisch gemacht hat.
Leider ist das BT-Buch nicht ganz so toll.
ich bereite mich ebenfalls ohne rep vor und bin gerade zufällig bei Schuldrecht AT. Looschelders AT hatte mich schon zu Beginn des Studiums begleitet; die einzig gute Empfehlung die ich von Professoren bekam 😉
Die Frage ist aber doch, ob dieses Buch wirklich zur Examensvorbereitung taugt. Meines Erachtens wird vieles doch vereinfacht dargestellt. Beispielsweise beim Schuldnerverzug. Die Frage _ab wann_ Verzögerungsschaden geleistet werden muss, wird hier dadurch verschleiert, dass der Autor zwar sowohl im betreffenden Kapitel als auch im Anhang Beispielsfälle vorlöst, die Problematik aber – und das ist m.E. nach bemerkenswert – sowohl im Gutachtenteil als auch im Kapitel dadurch entschärft, dass er sich Beispiele sucht, in denen eine Mahnung entbehrlich ist.
Das lässt den Studenten und den Examenskandidaten darüber im unklaren, was die relevante Pflichtverletzung ist, die nach der Gesetzessystematik, vgl. „der hierdurch entstandene Schaden“ , notwendig den Umfang des Schadensersatzanspruchs determiniert.
Das problematische hieran ist, dass wenn allein dieses Buch zu meiner Examensvorbereitung herangezogen würde, ich die betreffenden Passagen gelesen, verstanden – aber die tieferliegende Problematik nicht realisiert hätte.
Gerade beim Nutzungsausfallschaden der nicht auf einem Mangel sondern auf Nichtleistung beruht, ist diese Frage aber äußerst relevant.
So ließe sich das Mahnungserfordernis auch als lediglich „formelles“ Erfordernis betrachten, das auch zum Ersatz des vor der Mahnung entstandenen Schadens berechtigt, die Pflichtverletzung also in der schlichten Nichtleistung bei Fälligkeit begreifen, deren Folgen aber erst durch Mahnung liquidierbar werden. Oder eben _ab_ Mahnung.
Dementsprechend enthält sich das Buch genauerer Ausführungen über den Beginn und das Ende des Verzugs, was durchaus in unterschiedlichen Konstellationen unterschiedlich liegen kann, man denke nur an die Ausnahmetatbestände, aber auch an den Fall, dass eine Mitwirkungshandlung des Gläubigers erforderlich ist um den (ausgebliebenen) Leistungserfolg herbeizuführen. In letzterem Fall tritt der Schuldnerverzug nämlich erst in dem ZP ein, in dem unter Zugrundelegung gewöhnlicher Verhältnisse die Mitwirkungshandlung hätte erbracht, und der Schuldner damit den Erfolg hätte erbringen können. Was ist mit dem bis dahin entstandenen Verzögerungsschaden?
Diese übergangenen Fragestellungen haben mein Vertrauen in das Werk stark herabgesetzt. Hätte ich nicht gleichzeitig die Skripten von Alpmann gelesen, wäre ich auf sie nie aufmerksam geworden. Wobei die Alpmann Skripten wirklich keine Alternative darstellen. Dem gesamten Alpmann-Konzept haftet vielmehr irgendwie der Eindruck an, durch die Schuldrechtsmodernisierung vor vollendete Tatsachen gestellt worden zu sein und dass die Autoren sich nicht mehr in der geistigen Flexibilität befinden, ein Umdenken aus den gewohnten Bahnen zu vollziehen. Umso bemerkenswerter, dass hier Fragen behandelt werden ohne die man im Ernstfall schlicht aufgeschmissen wäre – Und die ein renommierter Professor schlicht ausklammert.
Der Rezensent spricht auch davon, dass das Buch zur Examensvorbereitung „ausreichend“ sei. Dies mag der Fall sein. Jedoch sollte der Anspruch gerade im Schuldrecht AT über ein „ausreichend“ hinausgehen.
Dennoch kann der Looschelders zur Wiederholung, ggf. auch zur Erarbeitung unter Zuhilfenahme entsprechender problembewusster Skripten verwendet werden. Vertieftes Verständnis vermittelt m.E. das Studium des Nomos/Anwaltskommentars, das reichhaltige Argumentationen bietet. Leider mit 2700 Seiten etwas umfangreich für den AT des Schuldrechts 😉 Wer kann sollte seine Examensvorbereitung möglichst weit vorziehen und sich diesen wirklich spannenden Kommentar der einiges an Hintergrundwissen in fast schon streitlustiger, jedenfalls aber immer kritisch-reflektierender Weise, in den Kernbereichen geben.
@Alexander: Welches Buch empfiehlst du zur Examensvorbereitung im Schuldrecht BT? 3 Seiten für Leasingverträge ohne Behandlung der Problematik verbundener Verträge erscheint mir – wiederum exemplarisch – auch als ein Anzeichen dafür, sich diesbezüglich umzuorientieren. Leider sollen die Schuldrecht BT Skripten von Alpmann noch schlechter sein. Der Teil zu den gesetzlichen Schuldverhältnissen leidet m.E. ebenfalls an mangelndem Problembewusstsein für Klausuren. Es ist alles etwas auf Anfängerwissen ausgelegt.
Hallo Rieger,
vielen Dank für den umfassenden und detaillierten Kommentar. Jedes Lehrbuch hat seine Stärken und Schwächen, das gilt auch für den „Looschelders“. Mit entsprechender Zuhilfenahme ergänzender Literatur sollte das aber in den Griff zu bekommen sein.
Mit „ausreichend“ ist im Zusammenhang offensichtlich nicht die Benotung „ausreichend“ gemeint, sondern die gute („gut“..) Vermittlung des notwendigen „Handwerkszeugs“ im SchR-AT auf Examensniveau. Dass punktuell Skripten, Fallbücher, Aufsätze o.ä. zum besseren Verständnis/zur Vertiefung in der Vorbereitung herangezogen werden sollten, steht ohnehin außer Frage.
VG
Nico
Wir haben das Buch auf unserer Internetseite http://www.jurabiblio.de ebenfalls rezensiert und sind zu einem ähnlichen Schluss wie der Autor dieses Beitrages gekommen.
Looschelders ist in jedem Fall in die engere Buchauswahl einzubeziehen!