BVerfG zu Telekommunikationsüberwachung
Das BVerfG entschied mit Beschluss v. 12.10.2011 (Az. 2 BvR 236/08, 2 BvR 237/08, 2 BvR 422/08), dass die Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung in der StPO mit dem Grundgesetz im Einklang steht. Durch das Gesetz wurde u.a. die Regelungen des § 101a StPO reformiert. Des Weiteren wurde der neue § 160a StPO eingefügt, wonach bestimmte Ermittlungsmaßnahmen unzulässig sind und Beweisverwertungsverbote nach sich ziehen können. Das BVerfG stellte insbesondere fest, dass die letztgenannte Vorschrift des § 160a StPO weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG, noch gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung oder Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) verstoße.
Verfassungsmäßigkeit der Eingriffsnormen
Die Ausführungen des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit strafprozessualer Ermächtigungsgrundlagen sind ein alter Hut. Letztlich gilt es lediglich die einschlägigen Schutzbereiche zu definieren und im Rahmen der Verhältnismäßigkeit einen schonenden Ausgleich zwischen dem Strafverfolgungsinteresse des Staates und der Allgemeinheit einerseits mit den einzelnen Rechtspositionen des Individuums zu erzielen. Da ersteres im Falle besonders schwerer Straftaten besonders hoch ist, sind im Regelfall auch intensivere Maßnahmen zulässig. Da sich im Hinblick auf eine solche Prüfung keine großen Besonderheiten ergeben, eignet sich das Urteil des BVerfG in dieser Hinsicht nicht besonders für Klausuren. Für die mündliche Prüfung erscheint es hingegen ratsam, sich den Volltext des Urteils zumindest kurz zu Gemüte zu führen.
Der neue § 160a StPO
Im Hinblick auf § 160a StPO galt es insbesondere den Gleichheitssatz des Art 3 Abs. 1 GG zu diskutieren. Es konnte im vorliegenden Fall nämlich eine Ungleichbehandlung der in § 160a Abs. 1 StPO und Abs. 2 genannten Personengruppen vorliegen, da nur für erstere besondere Ermittlungsverbote etc. gelten. Im Ergebnis stellte das BVerfG jedoch fest, dass der Gesetzgeber nicht verpflichtet sei, den Anwendungsbereich des absoluten Beweiserhebungs- und Verwendungsverbotes des § 160a Abs. 1 StPO auch auf die in Abs. 2 StPO genannten Personengruppen zu erstrecken. Eine Begrenzung des absoluten Verbots auf eine begrenzte Zahl an Ausnahmefällen trage dem Gebot der effektiven Strafverfolgung ausreichend Rechnung.
Ansonsten sei an dieser Stelle angemerkt, dass die Vorschrift des § 160a Abs. 1 StPO sich vielleicht nicht zwingend als erste Wahl für verfassungsrechtliche Klausuren aufdrängt. Als Zusatzproblem in einer strafrechtlichen Klausur kann die neue Norm jedoch optimal abgeprüft werden.
Zitiergebot
Für die Klausuren interessanter sind die Ausführungen des BVerfG zum Zitiergebot nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG. Das Gericht führt aus, dass die infrage stehenden Vorschriften der StPO in Art. 10 GG und Art. 13 GG eingreifen, so dass das Zitiergebot grundsätzlich zu befolgen sei. In diesem Fall war es allerdings so, dass die Neuregelung gegenüber der Vorgängerregelung lediglich eine unerhebliche Gesetzesänderung darstellte. In einem solchen Fall bestehe keine Zitierpflicht.
Derartiges Inselwissen wird oftmals in Klausuren für das erste Staatsexamen eingebaut, um der Klausur noch ein Extraproblem zu bescheren. Da das Zitiergebot mit dieser Entscheidung wieder an Aktualität gewonnen hat, sei euch für einen ausführlicheren Überblick über die Problemkreise zudem unser einschlägiger Beitrag zu diesem Thema ans Herz gelegt.
Was ich an dem Urteil nicht verstehe: das Gericht argumentiert bei § 160a StPO, der Unterschied zwischen Abs. 1 und 2 sei, dass die Gruppen in Abs. 1 typischerweise den Kernbereich privater Lebensgestaltung tangieren, während das in bei den Gruppen des Abs. 2 nicht der Fall wäre – eine Typisierung die auf den ersten Blick Sinn macht.
Aber ich verstehe nicht, warum Ärzte dann nicht darunter fallen? Wenn von den Personengruppen irgendeine intensiv und nahezu ausschließlich den Kernbereich privater Lebensgestaltung betrifft, dann doch Ärzte und nicht Rechtsanwälte. Und auch die Privilegierung Abgeordneter wird man mit der ARgumentation wohl kaum rechtfertigen können (dafür anders, klar).
Ich sehe nicht wieso hier eine zulässige Typisierung angenommen wurde, da sie, gerade mit Blick auf Anwälte Ärzte doch eindeutig nicht taugt.