Bundestag beschließt Gesetz zur Bekämpfung von Kinderpornographie
Der deutsche Bundestag hat am 18.06.2009 das hoch umstrittene Gesetz zur Bekämpfung von Kinderpornographie verabschiedet. Hierdurch können durch sog. Sperrlisten bestimmte Internetseiten, die mit Kinderpornographie im Zusammenhang stehen, geblockt werden.
Die Intention, solche Inhalte schwerer zugänglich zu machen, stößt bei der breiten Bevölkerung selbstverständlich nicht auf Missfallen. Problematisch ist hingegen, dass durch solch ein Gesetz die Möglichkeit einer Internetzensur bestehen könnte. Die Initiatoren der Bundestags-Petition gegen Internet-Sperren kündigten in diesem Zusammenhang eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an. Die Online-Petition ist inzwischen von mehr als 130.000 Bürgern unterzeichnet worden.
Zuständigkeit des Bundes
Fraglich ist hier zunächst, ob der Bund überhaupt zuständig zum Erlass eines solchen Gesetzes ist. Bei Gesetzen im Zusammenhang mit Gefahrenabwehr handelt es sich nämlich originär um Landesobliegenheiten. Es gilt also zunächst einen Kompetenztitel des Bundes in den Artt. 73, 74 GG zu finden.
Hier könnte Art. 73 I Nr. 7 GG (das Recht der Telekommunikation) einschlägig sein. Telekommunikation meint hier aber eher den Prozess der Datenübertragung – also die Frage, wie Daten übertragen werden. Ob hier auch inhaltliche Wertungen maßgeblich sein können, erscheint zweifelhaft.
Ob hier Art. 74 I Nr. 11 GG (das Recht der Wirtschaft) einschlägig sein kann, erscheint ebenso fragwürdig. Die Sperrung bestimmter Internetseiten kann nicht als wirtschaftspolitische Entscheidung zu bewerten sein. Vielmehr ist hier der Geseundheitsschutz der misshandelten Kinder und deren allgemeines Persönlichkeitsrecht maßgeblich.
Andere Kompetenztitel kommen m.E. hier nicht infrage, so dass es sich bei der Prävention von Kinderpornographie um eine Materie des Polizei- und Ordnungsrechts handelt. Der Bund wäre demnach folglich bereits gar nicht zuständig zum Erlass eines solchen Gesetzes.
Grundrechtsverletzungen
Gleichzeitig erscheint es hier auch zweifelhaft, inwiefern ein solches Gesetz mit Art. 10 I GG (Fernmeldegeheimnis der Seitenbetreiber), Art. 12 I GG (Berufsfreiheit der Internet-Provider und der kommerziellen Webseitenbetreiber), Art. 5 I 1 Alt. 2 (informationelle Selbstbestimmung der Internet-User) vereinbar ist.
Problematisch ist hier wie üblich zunächst, ob der Schutzbereich der jeweiligen Grundrechte überhaupt eröffnet ist. Sofern der Schutzbereich zu bejahen ist, ist bei den Seitenbetreibern weiterhin zu problematisieren, dass ein Eingriff bei ihnen nur potentiell besteht, da bloß die Möglichkeit einer unberechtigten Sperrung besteht.
Sodann ist die Verhältnismäßigkeit des Gesetzes zu überprüfen. Fraglich ist hier zunächst, wie Wirkungsvoll ein solches Gesetz tatsächlich ist. Die einschlägige Szene wird ein solches Verbot ohne große Probleme umgehen können. Dementgegen besteht die nicht unwahrscheinliche Möglichkeit, dass eine Seite fälschlich gesperrt wird, da evtl. bestimmte Stichwörter auf dieser Seite auftauchen.
Fazit
Ich möchte hier letzenendes keine mustergültige Lösung zu dem Problemkreis anfertigen, sondern will eher auf die Vielzahl von Problemen hinweisen, die sich durch ein solches Gesetz ergeben. Das Thema ist aufgrund der Vielgestaltigkeit an potentiell betroffenen Personen und aufgrund der rechtlichen Problematik höchst examensrelevant. Da hier noch keine Entscheidung des BVerfG vorliegt ist letztlich ohnehin bei den meisten Problempunkten fast jedes Ergebnis vertretbar. Wichtig ist vielmehr hier Problembewusstsein zu zeigen und sich nicht durch die (noch) exotische Fallgestaltung verunsichern zu lassen.
Eine Prüfung bietet sich jedenfalls ohne Weiteres z.B. als Verfassungsbeschwerde oder abstrakte Normenkontrolle an. Da dieses Thema noch sehr aktuell ist, sollte zumindest für die mündliche Prüfung ein besonderes Augenmerk auf dieses Gesetz gelegt werden. Für Klausuren wird sich das Thema sodann in Kürze eignen, nämlich sobald die Verfassungsbeschwerde beim BVerfG anhängig ist.
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